Solidarität

Vor einer Woche hat die Terrororganisation Hamas begonnen, ihre ganze Fratze zu zeigen: Hunderte Mitglieder stürmten von Gaza aus los, um zu morden und Zivilisten zu verschleppen. Nach und nach sickerten Berichte und Bilder davon durch, die sich einbrennen. Von Jugendlichen, die gerade noch auf einem Festival getanzt haben und jetzt um ihr Leben laufen. Von Geschockten, die sich verstecken konnten und nur mit unendlich viel Glück davonkamen. Oder von jener Enkelin, die erzählt, wie sie vom Schicksal ihrer Großmutter erfahren habe: Terroristen hätten diese hingerichtet, gefilmt und das auf deren Facebook-Seite geladen. Dort sei sie darauf gestoßen.
Bei all den Verbrechen gibt es kein „Aber“. Die Hamas ist keine Befreiungsorganisation, die sich für Rechte eines unterdrückten Volkes einsetzt. Ihr Ziel ist es, den Staat Israel und seine Menschen zu vernichten, um ein islamisches Regime zu errichten. Zu welchen Mitteln sie greift, hat sie schon öfter bewiesen. So weit ist sie noch nie gegangen. Damit hat sie klargestellt, dass sie keine Grenzen kennt.
Bomben bedeuten immer auch Leid. Für Soldaten und Angehörige. Es gibt körperlich vielleicht auch Unversehrte, aber ewig Traumatisierte.
Vor diesem Hintergrund ist es angemessen, dass sich in Österreich die Vorsitzenden aller Parlamentsparteien zusammengetan haben, um diesen Terror, der „durch nichts zu rechtfertigen“ sei, auf das Schärfste zu verurteilen; dass Karl Nehammer (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ), Herbert Kickl (FPÖ), Werner Kogler (Grüne) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) betonten, dass man aufgrund der eigenen Geschichte besondere Verantwortung trage, „mit Israel im Kampf gegen den Terror Seite an Seite zu stehen“.
Von Solidarität ist die Rede. Eine solche ist ja auch wirklich doppelt gefordert: Zum einen darf man diesen Angriff auf eine freie Welt, auf Bürgerinnen und Bürger eines Staates, nicht dulden, muss man ein Zeichen dagegen setzen. Zum anderen gibt es die österreichische Mitschuld am Holocaust, die dazu verpflichtet beizutragen, was möglich ist, damit Jüdinnen und Juden in Sicherheit leben können.
Diese Solidarität wird in den kommenden Wochen immer wieder auf die Probe gestellt werden: Israel ist gezwungen, gegen die Hamas vorzugehen. Die Hamas ist im Gazastreifen jedoch überall und nirgends unter zwei Millionen Männern, Frauen und Kindern. Ja, ihre Kämpfer mischen sich bewusst unter diese, unter anderen auch unter Kranke und Gebrechliche. Es droht hier das, was heute verharmlosend als „Kollateralschäden“ bezeichnet wird: Es wird Zivilisten treffen.
Gerade wenn man von der notwendigen Solidarität mit Israel und dem gerechtfertigten Krieg gegen die Hamas spricht, muss man sich bewusst sein, was alles mit einem solchen einhergehen kann. Bomben bedeuten immer auch Leid. Für Soldaten und Angehörige. Es gibt körperlich vielleicht auch Unversehrte, aber ewig Traumatisierte.
Solidarität ist daher etwas, was mit gebotenem Ernst erklärt und durchgehalten werden will. Und zwar nicht blind, sondern auch in Sorge um die palästinensische Zivilbevölkerung; in Bereitschaft, ihr zu helfen sowie eine aktive Außenpolitik zu reaktivieren, die zumindest dazu beiträgt, dass es zu keinem Flächenbrand im Nahen Osten kommt.
Johannes Huber
johannes.huber@vn.at
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.