Den 92-jährigen George faszinieren Computer: “Ich sehe sie als Partner”

Menschen / 25.03.2024 • 18:00 Uhr
lebensraum bregenz, selbsthilfegruppe für i-pad- und handy-besitzer
George (92) hat keine Scheu vor digitalen Geräten, im Gegenteil, sie faszinieren ihn.

Die VN mischten sich unter die Teilnehmer der Selbsthilfegruppe „Handy-Smartphone-Tablet 60+“.   

Bregenz Fred Matt (83) fiel während der Pandemiezeit sprichwörtlich die Decke auf den Kopf. Er wäre gerne unter Menschen gekommen, wusste aber nicht, wie er das bewerkstelligen sollte. „Ich fragte mich, was ich am besten kann und wie ich anderen Menschen von Nutzen sein kann.“ Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Als Programmierer und EDV-Leiter habe ich mit Computern gearbeitet. Auf diesem Gebiet bin ich firm.“ Diese Überlegungen brachten Fred auf eine zündende Idee. Weil ihm klar war, dass sich so mancher (ältere) Mensch mit der Digitalisierung schwertut, dachte er sich: ,Da steht eine Not dahinter. Also rufe ich eine Selbsthilfegruppe für Menschen über 60 ins Leben, die im Umgang mit Handy, Smartphone und Tablet Unterstützung brauchen.“ Gesagt, getan.

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Fred Matt initiierte die Selbsthilfegruppe.

Die Selbsthilfegruppe „Handy-Smartphone-Tablet 60+” trifft sich jeden zweiten Dienstag im Monat von 14.30 bis 16.30 Uhr im Lebensraum Bregenz. Nach und nach trudeln sie ein, die digitalen User. Sie sind zwischen 60 und 92 Jahre alt. George, der mit 92 der Älteste in der 15-köpfigen Gruppe ist, hat keine Scheu vor digitalen Geräten. Im Gegenteil, sie faszinieren ihn. „Ich sehe sie als Partner.“

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George ist der älteste Teilnehmer.

Lächelnd erinnert er sich an seinen Pensionsantritt im Jahre 1994. „Damals hieß es, dass das Zeitalter des papierlosen Büros kommt.“ George ist kein digitaler Outsider. Bereits vor vielen Jahren absolvierte er einen Computerkurs, bei dem er den Umgang mit den Programmen Word und Excel lernte. Der rüstige Rentner, der seit einem Jahr verwitwet ist, verbringt viel Zeit vor dem Computer. „Ich google viel.“ Der 92-Jährige kommuniziert mit seinen Freunden und Bekannten auch gerne über WhatsApp und E-Mail. Heute ist er zu der Gruppe gestoßen, weil er wissen möchte, wie man Fotos vom Handy auf den Laptop transferiert.

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Hugo zeigt Georgia einige Funktionen beim Smartphone.

Fast alle, die da sind, haben Fragen. Nur Hugo (81) hat keine. Er ist computertechnisch so firm, dass er allen helfen kann. „Ich bin da, um Fred zu unterstützen und freue mich, wenn ich mein Wissen weitergeben kann“, sagt er und beugt sich über Sieglinde (75), die nicht weiß, wie man E-Mails löscht. „Ich muss noch alles lernen, ich kann nicht viel“, sagt sie entschuldigend zu Hugo, der ihr geduldig Nachhilfe gibt. Dieter (80), der viele Jahre als Schadensreferent für eine Versicherung tätig war, wendet sich an Fred. „Kannst du mir bitte zeigen, wie man das Statusbild im WhatsApp ändert?“ Vor ein paar Jahren hielt die Digitalisierung Einzug in Dieters Leben. Er schaffte sich ein Tablet mit Tastatur an. „Man kann nicht sagen, das interessiert mich nicht. Sonst ist man weg vom Fenster“, möchte der passionierte Heimwerker nicht ins Abseits geraten. Aber er gibt zu: „Ich hocke nicht oft vorm Computer. Lieber gehe ich Radfahren oder Segeln.“

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Dieter schaffte sich vor fünf Jahren ein Tablet mit Tastatur an, weil er nicht ins digitale Abseits geraten wollte. Roland Paulitsch

Auch Norbert (65) möchte in Sachen Digitalisierung am Ball bleiben. „Die Technik schreitet rasant vorwärts. Man kann schnell den Anschluss verlieren. Hier erfährt man immer wieder Neues“, erläutert der pensionierte Zollbeamte, warum er an diesen Treffen regelmäßig teilnimmt. Weil Norbert gute digitale Kenntnisse hat, ist auch er eine Anlaufstelle für jene, die weniger Wissen haben. Andrea (63) etwa möchte von ihm wissen, wie man auf Cookies reagiert. „Du musst alle ablehnen oder nur die notwendigen akzeptieren. Sonst wird man zu stark ausspioniert. Das Verhalten am Computer wird nachvollzogen. Dann kriegt man Angebote, die man nicht will“, warnt er Andrea. Die Computertechnik ist für Andrea wie ein See mit unendlicher Tiefe. „Die Fragen hören nie auf.“ Sie ist froh, dass sie in diesem Kreis Antworten auf ihre viele Fragen bekommt. „Meine Angehörigen könnte ich damit nicht belästigen.“

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Hannelore und Karl helfen sich gegenseitig.

Auch Georgia (75) sucht als digitale Anfängerin Antworten. „Daheim kann ich niemanden fragen, ich habe keine Kinder und mein Mann ist vor zehn Jahren verstorben.“ Ihre Sitznachbarin rutscht unruhig auf dem Stuhl herum. Inge (83) hat was auf dem Herzen. Sie fragt in die Runde: „Wie scannt man QR-Codes.“ Hannelore (62) fühlt sich angesprochen und zeigt es ihr bereitwillig. Nach zwei Stunden sind viele Fragen beantwortet und die Teilnehmer müde. Die moderne digitale Welt fordert halt vehement zum Mitmachen heraus.

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Ingrid (links) und Inge sind froh, dass sie auf ihre Fragen Antworten bekommen haben.