Bitschi über Führerschein-Causa: “Ich habe den Rückzug der Polizei nicht verstanden”

Politik / 11.09.2025 • 17:30 Uhr
KMU Kaiserstrand Test
Christof Bitschi (34) ist seit 2018 FPÖ-Chef. Seit Ende des letzten Jahres wird Vorarlberg von einer schwarz-blauen Koalition regiert. Bitschi ist für die Verkehrsagenden zuständig. VN/Paulitsch

Wenn eine Firma plötzlich um ein Drittel weniger Mitarbeiter hat, gibt es natürlich Chaos, sagt Landesstatthalter im VN-Interview.

Michael Prock & Magdalena Raos

Bregenz Heute, am Freitag, geht der Landesparteitag der FPÖ in Hohenems über die Bühne. Eines steht fest: Die Vorarlberger FPÖ wird Parteichef Christof Bitschi erneut zum Obmann wählen. Einen Gegenkandidaten gibt es nicht. Im VN-Interview spricht der Landesstatthalter über die Führerschein-Causa und Vorhaben im Infrastrukturbereich, die nicht dem Spardruck zum Opfer fallen sollen.

Sie werden am Freitag als Parteichef bestätigt, erstmals als Regierungsmitglied. Wie hat sich die FPÖ in ersten Jahr in der Landesregierung verändert?

Christof Bitschi Die Gesamtentwicklung ist länger. Wir haben in den letzten Jahren kommunale Führungsverantwortung übernommen, 2015 etwa mit Dieter Egger in Hohenems. Die Landespartei ist da nachgezogen. Der Mix aus Regierungstätigkeit im Land, vielen Bürgermeistern und den Oppositionskräften auf Gemeindeebene funktioniert gut.

Kommen wir zur Führerschein-Causa. Was ist da eigentlich passiert?

Bitschi Als ich das Amt übernommen habe, übernahm ich auch die Arbeitsgruppe. In den ersten Sitzungen habe ich gespürt, dass es eine relativ schlechte Stimmung zwischen den Fahrschulen und der zuständigen Abteilung gibt. Die höheren Durchfallquoten in Vorarlberg sind natürlich extrem sauer aufgestoßen. Faktum ist: Es handelt sich um ein Bundesgesetz, diesbezüglich haben wir wenig Spielräume. Mit dem damaligen Wissensstand, ohne mediale Berichterstattung: Was hätte der Landeshauptmann machen sollen? Wenn er einen Prüfer abzieht, ohne dass etwas vorliegt, ist es wahrscheinlich ein relativ klarer Amtsmissbrauch. Prüfungsprotokolle waren ja nicht irgendwelche Schmierzettel, sondern Dokumente, in denen ersichtlich war, aus welchen Gründen eine Person durchgefallen ist. Ein erster Schritt war, dass man die Durchfallsquoten bespricht. Das hat im ersten Halbjahr dazu geführt, dass sie leicht zurückgingen.

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Und dann kam der VN-Bericht darüber.

Bitschi Seit dem Sommer hat man das aus einem total anderen Blickwinkel diskutiert. Wir haben uns immer nur auf die Durchfallsquoten konzentriert. Sonst lag kein Kritikpunkt vor. Die Nebenerwerbstätigkeiten, die Diskussion um die Sachverständige, das ist neu dazu gekommen. Dann hatten wir das Problem, dass die Landespolizeidirektion sofort die Polizisten abgezogen hat. Das bedeutete ungefähr um ein Drittel weniger Prüfer. Wenn eine Firma von heute auf morgen ein Drittel weniger Mitarbeiter hat, gibt es natürlich ein paar Tage oder Wochen Chaos. Jetzt geht es darum, diese Mitarbeiter wiederzufinden.

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Soll die Polizei unter neuen Voraussetzungen wieder Prüfer schicken?

Bitschi Ich habe diesen schnellen Rückzug nicht ganz verstanden. Ich hoffe, dass sie wieder zurückkehren und das System zum Laufen bringen.

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Gibt es das Prüfer-Netzwerk?

Bitschi Die Staatsanwaltschaft hat noch nicht entschieden, ob es einen Anfangsverdacht gibt. Das sind Sachen, die die Landesregierung nicht prüfen kann.

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Sollte das Land bei den Fahrprüfungen mehr Kompetenzen bekommen?

Bitschi Wir haben dem Minister den Vorschlag gemacht, dass es auch hauptamtliche Prüfer geben soll. Überraschenderweise hat er es sofort abgeschmettert. Es gibt Länder in Europa, die das so handhaben.

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Die Landesregierung erstellt derzeit das Budget für das kommende Jahr, es wird das erste schwarz-blaue Budget. Der Spardruck ist groß. Wie läuft die Budgeterstellung?

Bitschi Wir haben schon im Zuge der Regierungsverhandlungen gespürt, dass die Probleme deutlich größer sind als erwartet. Natürlich könnten wir drüberfahren und sagen, wir stellen alle Investitionen ein. Dann wäre das Landesbudget für ein Jahr saniert. Das würde aber auch bedeuten, dass wir die wirtschaftlichen Schwierigkeiten noch mehr ankurbeln. Wir haben aktuell ein Thema, das wir intensiv diskutieren: Der Autobahnanschluss in Hohenems soll umgebaut werden. Da ist der Plan, dass wir 2027 mit den Bautätigkeiten starten. Natürlich können wir das Projekt verschieben. Das würde aber bedeuten, dass sich am Standort Hohenems einige Betriebe nicht ansiedeln und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten noch größer werden. Darum ist in der jetzigen Phase zwar Sparsamkeit wichtig, aber auch Akzente zu setzen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Der Umbau des Autobahnanschlusses wackelt?

Bitschi Er wackelt nicht, er darf nicht wackeln, er wird nicht wackeln. Das sind die roten Linien, die es bei mir gibt. Es wird Investitionen in die Infrastruktur geben. Hohenems ist jetzt abseits von großen Projekten wie dem Stadttunnel sicher eines der wichtigsten Kapitel.

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Ist der Stadttunnel Feldkirch in seiner jetzigen Form in Stein gemeißelt?

Bitschi Er kommt so wie geplant, mit den Tunnelästen, die geplant und auch genehmigt sind. Diese Gruppe, die das immer wieder kritisiert, hat eines noch im Griff: Wie stark kann man den Stadttunnel verzögern und wie hoch sind dadurch die Mehrkosten? Dass wir im Bauablauf immer auf Einsparungspotenzial schauen, ist extrem wichtig. Aber mit dem UVP-Bescheid ist das nicht so einfach. Jede Änderung kippt in Richtung Änderung der UVP.

Was wäre zum Beispiel geändert worden?

Bitschi Wir haben etwa über die großen architektonisch schönen Tunnelportale diskutiert, ob man da sparen könnte. Laut UVP-Bescheid sind dort aber keine Änderungen möglich. Da spießt sich der Bescheid mit den Interessen des Landes. Oder es gab den Vorschlag, das Kies mit E-Lkw abzutransportieren, was günstiger und umweltfreundlicher wäre. Aber von der UVP-Behörde kam ein klares Nein, weil laut Bescheid das Kies mit der Bahn abtransportiert wird.

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Ist die UVP-Gesetzgebung zu streng?

Bitschi Ja, in vielen Bereichen.

Die Rad-Lobby befürchtet Kürzungen im Radweg-Budget im kommenden Jahr. Zurecht?

Bitschi Nein. Aber Bürgermeister aller Farben sind zu mir gekommen und sagten, dass wir wieder Radwege brauchen, die wie Radwege aussehen. Manche sind breiter als die Brandner Landesstraße. Wir diskutieren gerade das Projekt “Radfahren durchs Ried”. Das Projekt wird redimensioniert. Es wird einen Radweg geben, aber nicht mit einer 4,5 Meter breiten asphaltierten Straße. So ziehe ich es bei Radprojekten durch. Das ursprünglich angedachte Projekt hätte im Endausbau 16 Millionen Euro gekostet. Das haben wir einfach nicht.

Keine Verzögerung mehr soll es hingegen bei der digitalen Zollabwicklung geben.

Bitschi Das war für mich eines der Musterbeispiele, wie Zuständigkeiten funktionieren oder nicht funktionieren können. Für die digitale Zollabwicklung ist klar der Bund zuständig. Der erste Vorschlag des Zolls war damals, dass die digitale Zollabwicklung in Wolfurt stattfinden soll. Das bedeutet am Tag 1800 Lkw statt wie derzeit 600 bis 700 am Tag. Ich habe gesagt, dass das mit mir als Landesrat sicher nicht funktionieren wird. Wir haben dann eine provisorische Variante ins Spiel gebracht. Eine Woche später kam das sogenannte “Border Cross Light”, das ist jenes System, das wir als Provisorium vorgeschlagen haben. Wir können noch Ende 2025 den Testbetrieb an einem Zollplatz aufnehmen und werden im nächsten Jahr die Digitalisierung voll umsetzen.

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Wo sehen Sie Sparpotenzial in Ihrem Ressort?

Bitschi Wir haben in der Abteilung Sparmöglichkeiten gefunden. Auch Straßenprojekte werden nach Wichtigkeit sortiert, manche Erhaltungsmaßnahmen werden zurückgestellt. Also jene, die nicht dringend sind. Wir haben unseren Teil zum Budget geliefert. Aber wenn man Infrastrukturprojekte verschiebt, schiebt man eine Bugwelle vor sich her. Die Bauten sind irgendwann notwendig und werden immer teurer. Wir haben zum Beispiel eine Brückenerhaltungsstrategie. Und Ziel ist es, dass wir zumindest den aktuellen Stand halten können und die Brückenqualität nicht schlechter wird. Das bedeutet aber massive Investitionen in den kommenden Jahren.

Sie werden bald zum zweiten Mal Vater, wahrscheinlich kann Ihre Frau Ihr Kind nicht in Bludenz entbinden. Was halten Sie davon, dass die Geburtenstation im Landeskrankenhaus Bludenz geschlossen wird?

Bitschi Natürlich tut es politisch weh, gerade als Oberländer, die Geburtenstation in Bludenz zu verlieren. Es gibt aber ein klares Gutachten. Es wäre ein Wahnsinn, wenn wir politisch intervenieren würden. Vor allem für die Talschaften, das hintere Montafon, das Walsertal, gibt es zwar einen Nachteil. Und es tut politisch weh. Aber mit der medizinischen Begründung bleibt uns nichts anderes übrig.