“Vorarlberg braucht die Fluglinie Altenrhein-Wien dringend”

Nach drastischem Passagierrückgang auf der People’s Verbindung: Bekenntnis von Politik, Interessenvertretern und Unternehmen.
Altenrhein Der Fluglinienverkehr Altenrhein-Wien war für Vorarlberg insgesamt und speziell für die Unternehmen, bis Corona die Welt heimsuchte, essenziell. Rund vier Flüge täglich ermöglichten es Vertretern Vorarlberger Firmen an Meetings teilzunehmen, wichtige Geschäftstermine wahrzunehmen und Vorarlberg ins Blickfeld der doch sehr hauptstadtorientierten Behördenvertreter zu rücken. Das gilt natürlich auch für die Politik und die Landesverwaltung. Corona hat für den Dienstleister, die Fluglinie People’s aber doch mehr verändert, als zuerst angenommen werden konnte. Videocalls haben sich ihren Platz erobert und werden das auch weiterhin tun, die ÖBB hat das Angebot ausgebaut und die Mitbewerber im Linienverkehr, AUA und Swiss, verstärkten die Frequenzen zwischen der Schweizer Finanzmetropole und Wien. Macht summa summarum ein Rückgang der Passagierzahlen von 90.000 im Jahr 2019 auf 45.000 im vergangenen Jahr (die VN berichteten).
“Es braucht Commitment”
„Bei 45.000 Passagieren haben wir den Break-even-Point“, also der Punkt, an dem die Kosten gleich hoch wie die Einnahmen sind. Weniger dürfe es nicht mehr werden, stellt der Geschäftsführer der Linie und des Flughafens Altenrhein, Thomas Krutzler, deshalb klar, „ich erwarte nicht 50 Prozent mehr als derzeit, aber wenn die Auslastung auf absehbare Zeit nicht besser wird, dann ist das wirtschaftlich nicht mehr darzustellen“. „Es braucht ein Commitment“, ein Bekenntnis der Vorarlberger Kunden und der Politik zur Fluglinie, wenn das nicht gelinge, dann müsse klar sein, dass es dann auf Dauer keinen Ersatz für die wichtige und stressfreie Verbindung zwischen Altenrhein und Wien in Vorarlberg mehr gebe“, sagte er im Gespräch mit den VN.

Gibt es das Bekenntnis zum Linienverkehr oder braucht der Bodenseeraum gar keine Anbindung an Metropolen? Schließlich hat auch die Lufthansa ihren Linienverkehr an das Aviation-Drehkreuz Frankfurt gecancelt, Verhandlungen mit der Südtiroler Airline Sky Alps, die die Linie übernehmen sollte, sind am Donnerstag gescheitert. “Keine guten Nachrichten für die Region”, sagte dazu der Friedrichshafener Flughafenchef Claus-Dieter Wehr. Wie wichtig für die Region ist denn die Fluganbindung an Wien-Schwechat?

“Die Vorarlberger Wirtschaft braucht funktionierende und leistungsfähige Anbindungen in alle Himmelsrichtungen. Diese sind für unseren Wirtschaftsstandort, in welcher der Export eine so große Bedeutung hat, essenziell wichtig”, stellt Wirtschaftskammer-Präsident Wilfried Hopfner klar. Gerade auch eine auf mehreren Möglichkeiten basierende gesicherte Anbindung an die Bundeshauptstadt sei nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die öffentliche Hand und die Interessenvertretungen bedeutend. Zum Passagierminus sagt er: “Seit der Corona-Pandemie haben sich einige Kriterien für Dienstreisen stark verändert. Die seither deutlich verbesserten technischen Möglichkeiten, aber auch ökologische Aspekte führen dazu, dass immer mehr Sitzungen digital stattfinden. Das gilt jedenfalls auch für uns in der WKV.” Hopfner sieht aber auch Gründe im Flugplan. “Auch das ausgedünnte Flugangebot führt im einen oder anderen Fall wohl dazu, dass auf Reisealternativen ausgewichen werden muss.“

“Die Wien-Verbindung war historisch gewachsen und für Vorarlberg immer sehr wichtig”, betont Wirtschaftslandesrat Marco Tittler zur Diskussion um die gewachsene Linienverbindung, für die sich auch die Landesregierung in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder starkgemacht hat. „Insbesondere auch in der jüngeren Vergangenheit sei die Verbindung sehr interessant gewesen“, so der Landesrat, “vor nicht allzu langer Zeit wurde die Verbindung Vorarlberg-Wien sogar noch von mehreren Fluglinien gleichzeitig mehrmals täglich angeboten.” Auch er verweist wie Hopfner auf die Entwicklungen der letzten drei Jahre, insbesondere durch Corona. “Da hat es entsprechende Verwerfungen und Verschiebungen gegeben. Aus Gesprächen mit der Wirtschaft weiß ich aber, dass die Linie und die Anbindung an Wien nach wie vor interessant ist und bin daher optimistisch, dass das auch in Zukunft so sein wird.” Interessant auch für die Landesregierung, die die schnelle Anbindung nach Wien auch im vergangenen Jahr stark genutzt haben soll.

“Natürlich ist die Linie Altenrhein-Wien für uns absolut wichtig”, betont der Bregenzer Unternehmer Hubert Rhomberg. Seine Firmengruppe ist auch in der Bundeshauptstadt engagiert, außerdem sei es damit möglich, Schwechat als Drehkreuz nutzen zu können. Rhomberg, der auch Vizepräsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg ist, weist auch darauf hin, dass die Wirtschaft in Vorarlberg, die ja exportorientiert und in ganz Österreich Interessen verfolge, eine Verbindung habe, die es ermögliche, Termine rasch wahrnehmen zu können. Der derzeitige Flugplan mit den Tagesrandverbindungen zwischen Altenrhein und Wien müsse aufrecht bleiben, sei aber an der unteren Grenze, schlägt er in die gleiche Kerbe wie Tittler und Hopfner. Doch solange die Passagierzahlen nicht steigen, wird sich das nicht rentieren.

People’s hat inzwischen auch das Charter-Geschäft ausgebaut. Dort seien die Zuwächse positiv, so CEO Krutzler, doch den Linienverkehr ersetzen können sie nicht. Hoffnung setzt der People’s-Chef auch auf das geplante Hotel am Flughafen – das nicht von People’s gebaut wird -, in dem auch Seminar- und Meetingräume sowie der Bodensee-Radwanderweg Gäste anziehen sollen. Dem Vernehmen nach soll auch der Werkzeugkonzern Würth, dessen Zentrale in Rorschach und die Tochterfirma Grass GmbH in Höchst nur wenige Kilometer entfernt sind, einen eigenen Hangar am Airport planen.