Lungenbelastend, giftig, krebserzeugend: Warum Schweißen so gefährlich ist

08.05.2024 • 16:31 Uhr
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Im Schweißrauch sind nicht nur Staubanteile und Gase enthalten. AFP

Arbeitsinspektorat Vorarlberg berichtet nach Schwerpunktaktion von teils besorgniserregenden Ergebnissen.

Bregenz Mario Ertlschweiger hat bei seiner Arbeit schon viel gesehen. Vieles davon schon sehr oft. „Gewisse Mängel kommen immer wieder vor“, sagt er. „Darum haben wir uns entschlossen, die Schweißarbeitsplätze ganz konzentriert anzuschauen.“ Zwischen März und Dezember 2023 waren Mitarbeiter des Arbeitsinspektorats Vorarlberg in 44 Klein- und Mittelbetrieben sowie drei Großbetrieben im Land unterwegs, mit teils besorgniserregenden Ergebnissen.

Schweißer sind in ihrem Job etlichen Gefahren ausgesetzt. Die auf lange Sicht größte Gefahr lauert im Schweißrauch. „Im Schweißrauch an sich sind Staubanteile und Gase drinnen. Der Schweißrauch von Edelstahl ist noch gefährlicher, da im Edelstahl zum Beispiel Chrom als Legierungselement drinnen ist. Wenn das Chrom schmilzt und aufgrund der hohen Temperaturen verbrennt, verändert es sich so, dass ein krebserzeugender Stoff entsteht“, erläutert Ertlschweiger, Projektleiter des Schwerpunkts Schweißarbeitsplätze.

Über 200 Mängel

Bei den Kontrollen wurden insgesamt 226 Mängel festgestellt, 136 Mängel hatten direkt mit den Schweißarbeiten zu tun. „In den Betrieben fehlt einfach das Bewusstsein für die Gefährlichkeit des Schweißrauches“, stellt der Arbeitsschutzexperte fest. Unter den häufigsten Mängeln: schlecht oder gar nicht funktionierende Absauganlagen, fehlende ärztliche Untersuchungen sowie essen und trinken am Arbeitsplatz.

Mario Ertlschweiger
Projektleiter Mario Ertlschweiger.

“Es geht beim Arbeitnehmerschutz in erster Linie darum, dass man diesen Schweißrauch erst gar nicht einatmet. Der Idealfall wäre, dass die Absaugung so gut ist, dass der Schweißrauch sofort wegsaugt wird. Die Praxis zeigt aber, dass die Absaugung, wenn eine vorhanden ist, nicht immer so perfekt funktioniert”, führt Mario Ertlschweiger aus. Bei fast der Hälfte der vom Arbeitsinspektorat besuchten Betriebe (rund 40 Prozent) waren die Absauganlagen nicht regelmäßig geprüft und zum Teil augenscheinlich auch nicht regelmäßig gereinigt und gewartet. In 20 Prozent der Betriebe gab es gar keine Absauganlagen.

Verschleppt

Was viele Schweißer offenbar ebenfalls gerne machen, sie essen und trinken am verschmutzten und belastenden Arbeitsplatz. Das Problem: Die lungenbelastenden, giftigen und krebserzeugenden Stoffe gelangen über die schmutzigen Hände, verdreckten Trinkflaschen und kontaminierten Getränke in den Körper.

Handlungsbedarf sehen die AI-Mitarbeiter auch beim Thema Reinigung. Laut Arbeitnehmerschutz muss die Arbeitskleidung, wenn der Mitarbeiter mit krebserzeugenden, biologischen oder ekelerregenden Arbeitsstoffen in Kontakt kommt, im Betrieb bleiben und die Kleidung auch im Betrieb oder durch den Betrieb gewaschen werden. „Es darf nicht sein, dass der Mitarbeiter mit der kontaminierten Arbeitskleidung ins Auto sitzt, diese krebserregenden Arbeitsstoffe in den Privatbereich verschleppt und zusätzlich die Familie gefährdet“, verdeutlicht der Projektleiter. Meist sei es eine Frage der Bequemlichkeit, weil man Zeit sparen will und sich der Gefahr nicht bewusst ist.

In den 47 Betriebe, die vom Arbeitsinspektorat Besuch erhalten haben, arbeiten insgesamt 2252 Menschen, 184 davon waren mit Schweißarbeiten beschäftigt. Die Betriebe bekommen nach dem Besuch eine Liste mit Mängeln, die sie beheben müssen, ansonsten drohen Strafen. “Wir haben ein gewisse Toleranz, die wir ausspielen können, aber wenn Gefahr in Verzug ist und viele Mitarbeiter betroffen sind, dann gibt es sehr wenig Tolerant”, unterstreicht Ertlschweiger.