Mädchenberatungsstellen schlagen Alarm: So leiden jungen Frauen

18.06.2024 • 15:30 Uhr
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Angelika Atzinger vom Verein Amazone berichtet von immer komplexeren Problemen, mit denen junge Frauen und Mädchen konfrontiert sind. VN/PEm

Mädchenberatungsstellen österreichweit berichten von besorgniserregender Lage junger Frauen und Mädchen. Nachfrage nach Beratungen sei um 30 Prozent gestiegen – es seien dringend mehr Ressourcen nötig.

Bregenz Die Mädchenberatungsstellen in Vorarlberg und ganz Österreich schlagen Alarm: Die Nachfrage nach Beratung ist in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen, und die Problemlagen werden immer komplexer, warnt Sophie Hansal, Geschäftsleiterin des Netzwerks österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen am Dienstag bei einer Pressekonferenz: “Tatsächlich würde ich sagen, die Lage ist brenzlig.” Das Netzwerk vertritt 64 Frauen- und Mädchenberatungsstellen in allen Bundesländern, insgesamt gibt es mehr als 150 solcher Einrichtungen. Die Beratungsstellen verzeichnen einen Anstieg der Nachfrage im Vorjahr um durchschnittlich 30 Prozent.

Angelika Atzinger vom Verein Amazone in Bregenz betont, dass viele Mädchen und junge Frauen nicht nur mit einem einzigen Problem, sondern mit einer Vielzahl von belastenden Themen zu den Beratungsstellen kommen. “Wir merken nach wie vor pandemiebedingte Nachwirkungen und Belastungen. Aber auch die Teuerung wirkt sich stark aus.” Auch Themen wie Krieg in Europa oder Klimakrise verursachen insbesondere bei jungen Frauen Zukunftsängste.

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Zuletzt sei die Nachfrage nach Beratungen um 30 Prozent gestiegen. Es seien dringend mehr Ressourcen nötig. VN/Steurer

30 Prozent mehr Essstörungen

Ein Drittel der Mädchen und jungen Frauen sei “unzufrieden mit ihrem Leben”, die Zahl der psychiatrischen Diagnosen in der Zielgruppe gestiegen, verwies Sophie Hansal als Beispiel auf ein Plus von rund 30 Prozent bei Essstörungen seit der Pandemie. 93 Prozent der jungen Frauen zwischen 16 und 24 fühlten sich von der Politik nicht ernst genommen. “Mädchen und junge Frauen berichten uns, dass der Leistungsdruck sehr stark zunimmt, dass die gesellschaftlichen Erwartungen an sie, an ihre Rolle als Mädchen und junge Frau, an ihr Aussehen auch stark steigen und dass dies massiven Druck erzeugt”, erklärt Atzlinger.

Angelika Atzinger, Amazone-Geschäftsführerin
“Mädchen und junge Frauen berichten uns, dass der Leistungsdruck sehr stark zunimmt, dass die gesellschaftlichen Erwartungen an sie, an ihr Aussehen auch stark steigen und dass das massiven Druck erzeugt”, erklärte Angelika Atzinger, Amazone-Geschäftsführerin.

Planungssicherheit gefordert

Die Mädchenberatungsstellen fordern einen Ausbau und eine Stärkung zielgruppenspezifischer Angebote. Außerdem brauche es Planungssicherheit, statt jährlich um Fördermittel ansuchen zu müssen, waren sich die Fachfrauen einig. Aktuell sei “nicht sichergestellt, anders als etwa bei den Gewaltschutzzentren, dass die Arbeit im gleichen Ausmaß fortgesetzt werden kann”, erläuterte Hansal. Damit könnten die Einrichtungen auch keine echte Jobsicherheit bieten.

Die Förderungen für die Frauen- und Mädchenberatungsstellen seien seit dem Amtsantritt von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) fünfmal in Folge und insgesamt um 153 Prozent angehoben worden, hieß es aus dem Ressort dazu. Man wisse um die wichtige Arbeit der Einrichtungen und haben sie seit 2019 deswegen “laufend gestärkt”. Heuer gebe es etwa ein Plus bei den Fördermitteln von 5,76 Millionen im Vergleich zu 2023, insgesamt 13,911 Millionen Euro. Der “Förderungsaufruf 2024” sehe unter dem Titel “Maßnahmen zur Stärkung von Frauen und Mädchen” zwei Millionen Euro vor – mehr als 60 eingereichte Anträge dazu werden von der Fachabteilung geprüft.