Von der Hebamme zur Geschäftsfrau

Mirela Poyßl (45) war viele Jahre lang mit Begeisterung Hebamme. Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung fand sie den Weg zur Unternehmerin.
Dornbirn Nach der Matura wollte die gebürtige Bludenzerin Mirela Poyßl (45) Medizin studieren. „Mich interessierte Kinder- und Frauenheilkunde.“ Doch das lange Studium schreckte sie ab. Weil sie aber mit Frauen und Kindern arbeiten wollte, bewarb sie sich an der Hebammenakademie in Innsbruck und bekam dann auch tatsächlich einen Ausbildungsplatz. „Als 19-Jährige wurde ich ins pralle Leben geworfen. Ich sah, was für ein unglaublicher Kraftakt eine Geburt ist und dass es manchmal innerhalb von Sekunden zu einem Notfall kommen kann. Man kann erst aufatmen, wenn die Geburt abgeschlossen ist. Das lehrte mich Demut vor dem Leben.“

Für Mirela gab es bis dato aber nichts Schöneres, als bei einer Geburt dabei zu sein. „Neues Leben wird geboren. Es sind unvergessliche (Glücks)Momente, wenn man das Neugeborene zum ersten Mal sieht.“ Später, als diplomierte Hebamme, brachte sie manchmal an einem Tag bis zu drei Kinder zur Welt. „Abends bin ich müde, aber glücklich heimgekommen.“ Während ihrer elfjährigen Hebammentätigkeit im Krankenhaus Dornbirn half Mirela rund 800 Kindern ins Leben. „Ich hatte Glück. Mir starb weder eine Mutter noch ein Kind.“

Mirela findet, dass es das Leben bisher gut mit ihr gemeint hat. Auch die acht Jahre als freiberufliche Hebamme waren für sie erfüllend. „Ich habe Frauen während und nach der Schwangerschaft betreut.“ Als eine der ersten im Land bot sie neben Geburtsvorbereitungskursen auch Schwangerschaftsyoga an. „Man kann Frauen körperlich auf die Geburt vorbereiten durch verschiedene Übungen.“ Yogakurse für Schwangere gibt sie heute noch. „Das macht mir unglaublichen Spaß.“
Sonst hat sich aber in ihrem Leben einiges geändert. Die Wahldornbirnerin arbeitet heute nicht mehr als Hebamme. „Ich bin ein Mensch, der neue Herausforderungen braucht.“ Seit April 2022 führt sie mit „clementine“ ein kleines, feines Wäschegeschäft in der Dornbirner Innenstadt. Einen Hang zur Mode und einen ausgeprägten Schönheitssinn hat Mirela immer schon gehabt. „Früher baten mich Freundinnen, sie beim Kleiderkauf zu begleiten. Ich hätte ein gutes Auge, meinten sie.“

Die Idee zum eigenen Geschäft reifte über die Jahre. Ein Dessous-Geschäft in Wien, in dem sie einen Bikini erwarb, diente ihr als Vorbild. „Ich dachte mir: ,So ein Geschäft sollte es in Vorarlberg geben.‘“ Der Wunsch danach wurde immer größer. „Ich ging mit offenen Augen durch die Stadt und schaute, welche Räumlichkeiten freistehen.“ Als im alten Wäschhüsli in der Dornbirner Markstraße ein Raum frei wurde, schlug Mirela zu. Sie mietete sich umgehend ein – das war der Startschuss für ihr neues Leben als Unternehmerin.

In ihrem kleinen Geschäft „Clémentine“ verkauft sie qualitativ hochwertige Unter- und Nachtwäsche, Homewear und Bademode. Mirela freut es, dass sie auch in ihrem neuen Beruf mit Frauen zu tun hat und diese glücklich machen kann – zum Beispiel mit einem Still-BH.

Ganz weg aus ihrem alten Beruf ist die 45-Jährige aber noch nicht. „Ich gebe ja noch Schwangerschaftsyoga-Kurse.“ Mit den Teilnehmerinnen kann sie sich identifizieren. Auch Mirela war zweimal schwanger. Sie schenkte einem Sohn und einer Tochter das Leben. Die Hebamme fürchtete sich nicht vor den Geburten. „Ich war angespannt, aber Angst hatte ich keine. Die ist ein schlechter Begleiter, ganz generell im Leben. Es gibt keinen Grund zur Furcht. Geburten gehen so oft gut aus. In der Regel läuft es normal ab.“
geboren 25. Mai 1979 in Bludenz
Wohnort Dornbirn
Ausbildung Hebamme
Familie verheiratet, zwei Kinder
Hobbys Yoga, Pilates, Radfahren, mit Hund spazierengehen
Lebensmotto Leben, ich vertraue dir