Wehklagen wegen neuer Ärztehonorare

Gesundheitsverantwortliche in Vorarlberg sehen pauschale Honorierung für Kassenärzte kritisch.
Dornbirn Die Alarmglocken läuten, und das kräftig. Doch nicht nur die Ärztekammer und Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher sehen die von Bund und ÖGK geplante pauschalierte Honorierung für Kassenärzte kritisch. ÖGK-Landesstellenvorsitzender Manfred Brunner warnt ebenfalls vor einer solchen Maßnahmen. „Wir müssen für Ärzte ein attraktiver Standort bleiben“, betonte er im VN-Gespräch. Brunner ortet „ein Rechenproblem hinter der Idee“, denn: „Entweder es wird schlechter oder es kostet mehr.“ Laut Berechnungen rund 1,5 Milliarden Euro: „Es soll mir einmal jemand erklären, wie dieser Spagat gelingen soll.“ Ziel ist es, die Pläne für einen österreichweiten Gesamtvertrag mit einer pauschalen Honorierung für Kassenmediziner bis 2026 umzusetzen.

Rückschritt statt Fortschritt
Aus Vorarlberg gibt es zwar Lob für die Anstrengungen, die medizinische Versorgung im niedergelassenen Bereich auszubauen, nicht jedoch für das Vorhaben der Pauschalierung. „Dieser Reformschritt könnte in Vorarlberg nämlich zu einem Rückschritt in der niedergelassenen Versorgung führen“, befürchtet Ärztekammerpräsident Burkhard Walla in einer Aussendung. Unterstützung kommt von Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher. Sie sieht die Gefahr, dass beispielsweise aufwändige Untersuchungen, die bisher extra abgegolten werden, nicht mehr in den Ordinationen durchgeführt und die Patienten in die ohnehin schon überfüllten Spitalsambulanzen überwiesen werden. Walla merkt an, dass eine Vereinheitlichung wohl kaum auf die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in den Bundesländern Rücksicht nehme und sich eine Pauschalierung nicht an der Obergrenze der bestehenden Honorare orientiere, sondern eher eine Nivellierung nach unten bedeute. All das würde dazu führen, dass Vorarlberger Kassenärztinnen und -ärzte deutlich weniger verdienen als bisher. Als mögliche Folge stellt er Vertragskündigungen in den Raum, Ärzte würden ins Wahlarztsystem abwandern, das Kassensystem würde ausgedünnt und geschwächt.

Abwanderungsdruck
Manfred Brunner sieht diese Problematik ebenfalls. Es brauche regional angepasste Lösungen, pocht er auf Spielraum. Der ÖGK-Landesstellenvorsitzende wird noch deutlicher: „Mit dem Honorar, von dem ein Vorarlberger Kassenarzt gerade noch leben kann, kann sich ein Kollege im Burgenland goldene Türgriffe kaufen.“ Außerdem sei der Druck der Abwanderung in anderen Bundesländern ungleich niedriger. Sollte die pauschale Honorierung für Kassenärzte in der vorgesehenen Form kommen, würde Vorarlberg als attraktiver Standort „ablosen“. Die Versorgung wäre nicht mehr gewährleistet. „Wien soll das Thema nicht überstrapazieren“, merkt Brunner noch an.
Geht es nach Walla und Rüscher, sollte die ÖGK mit den 300 Millionen Euro, die sie vom Bund für den Ausbau des niedergelassenen Bereiches erhalten hat, die Attraktivität von Kassenstellen erhöhen: weniger Bürokratie, hier vor allem die Abschaffung oder zumindest Reduzierung der Chefarztpflicht; familien-freundlichere Arbeitsplätze, hier etwa ein Karenzmodell für den niedergelassenen Bereich; eine sinnvolle Patientenlenkung und eine leistungsgerechte Entlohnung. Derzeit gibt es in den Bundesländern unterschiedliche Honorierungssysteme für Kassenärzte, basierend auf länderspezifischen Leistungskatalogen. „Die Angleichung aller Leistungen ist kein Problem, wenn es nicht nach unten geht“, sagt Manfred Brunner.