Wahlfaule Städtler
Viel ist in den letzten Tagen über die Landtagswahl in Vorarlberg geschrieben worden, mehr noch über die möglichen Koalitionen, die sich aus der Wahl ergeben. Und schon ist auch klar, wer da mit wem ins Bett will: Die Schwarzen richten die Liegestatt schneller als man erwartet hat für die Blauen, die nun schon im vierten Bundesland in Österreich in die Landesregierung einsteigen könnten. Mit den Grünen, dem bisherigen Regierungspartner, das war klar, wird es keine Zukunft mehr geben. Einmal nicht durch die knappe Mandatsmehrheit, die da erreicht würde, andererseits hat man sich wohl, wie es bei Scheidungen so schön heißt, auseinandergelebt. Da haben die Grünen dem schwarzen König wohl zu oft an Bein gepinkelt: Mit der Tunnelspinne in Feldkirch, der S 18 und vor allem bei der Auseinandersetzung um den Wirtschaftsbund und Wallners persönliches Telefon. Da war nichts mehr zu kitten.
„Für Karl Nehammer kommt eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl deshalb nicht in Frage. In Vorarlberg ist man da weniger genau.“
Trotzdem sollte sich der alte und wohl auch der neue Landeshauptmann Markus Wallner über eines im Klaren sein. Sich im Land mit den Freiheitlichen unter Christof Bitschi in eine Regierung zu begeben, das bedeutet wohl auch, Herbert Kickl ins Gräbchen des koalitionären Ehebettes zu holen. Denn entgegen aller Beteuerungen gibt es keinen eigenen freiheitlichen Weg in Vorarlberg, im Gegenteil, hierzulande wird alles, was Kickl sagt, freudig angenommen. Jedenfalls ist kein Beispiel bekannt, dass sich Christof Bitschi irgendwann distanziert hätte. Egal, ob Kickl von der „Festung Österreich“ sprach, von einer „Fahndungsliste für Andersdenkende“, der Schwächung der Arbeiterkammer, der Kritik an der EU bis hin zu einem möglichen „Öxit“ und letztlich einer Meldestelle, bei der Schüler kritische Lehrerinnen und Lehrer „anschwärzen“ können. Und noch vieles mehr. Für Bundesparteiobmann Karl Nehammer kommt eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl deshalb nicht in Frage. In Vorarlberg ist man da weniger genau.
Und so ganz nebenbei, weil sie alle so stolz sind auf ihre Wählerstimmen. Versucht man einmal, die Stimmenanteile der Parteien auf die gesamten Wahlberechtigten zu beziehen, so schaut die Sache ganz anders aus. Wir haben im Land etwa eine Wahlbeteiligung von 60 Prozent, also wurde die ÖVP – bezogen auf die Wahlberechtigten – nicht von 38 Prozent, sondern nur von etwa 22 Prozent, die Freiheitlichen nicht von 28, sondern nur von knapp 17 Prozent gewählt. Das ist doch ziemlich bescheiden. Von den Kleinparteien einmal gar nicht zu reden, die Grünen wurden bei solcher Rechnung von gut sieben, die Roten von gut fünf und die Neos ebenso von etwa fünf Prozent gewählt. So schaut’s aus.
Ganz überhaupt: Die faulsten Wähler sitzen in den Städten. Kleine Gemeinden wie Fontanella (Wahlbeteiligung von fast 85 Prozent), Lorüns, Blons, Röns oder Doren sind die Wahlkaiser. Unter den letzten acht Plätzen der 96 Gemeinden finden sich alle fünf Städte sowie die Großgemeinden Götzis und Lustenau, Hohenems mit 58 Prozent am Ende. Den Städtern sollte man also einmal Demokratie beibringen.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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