Eine besondere Lesestunde

11.12.2024 • 13:01 Uhr
Vorarlberger des Tages
Heike Fink (l.) und Carmen Fröwis verfolgen die gleichen Ziele.

Heike Fink und Carmen Fröwis wollen Kindern zu Themen wie Tod und Trauer eine Stimme geben.
 

Mellau Bezau Sie sind in ihren Berufen tagtäglich mit Krankheit, Tod und Trauer konfrontiert: Heike Fink (47) aus Mellau koordiniert die Hospizteams der Regionen Bregenzerwald und Kleinwalsertal, Carmen Fröwis (35), zu Hause in Bezau, arbeitet als diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der Palliativstation des LKH Hohenems. Die beiden Frauen kennen sich schon lange. Sie haben kurz in der Pflege zusammengearbeitet und sich dann, Jahre später, bei einem Trauerlehrgang wiedergefunden. „Während der Autofahrten zu diesem Lehrgang haben wir festgestellt, dass uns das Thema Kinder mit Verlusterfahrungen am Herzen liegt und wir uns gut vorstellen könnten, ein entsprechendes Angebot in unseren Gemeinden auf die Beine zu stellen“, erzählt Heike Fink. So reifte nach und nach die Idee, eine Vorlesestunde für Kinder in den Büchereien des Bregenzerwaldes zu etablieren. Zur ersten Lesestunde in der „Andelsbücherei“ kamen schon zehn Mädchen und Buben. Die Initiatorinnen, die das Projekt auch beim Ideenwettbewerb der Gesellschaft für Palliative Care in Vorarlberg einreichten, hoffen nun auf weiteren Anklang. „Das Projekt soll großflächig sensibilisieren“, wünschen sich Heike und Carmen.  

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Kleine Elefanten stehen im Mittelpunkt der Erklärungen.

Kindern Räume geben

Carmen Fröwis ist seit über sechs Jahren auf der Palliativstation tätig. „Neben persönlichen Schicksalsschlägen und den Erfahrungen im Pflegealltag, begegne ich dem Tod immer wieder. Als Mama von zwei kleinen Kindern bin ich stets gefordert, diese Themen mit ihnen kindgerecht zu bearbeiten und zu besprechen“, erklärt Carmen Fröwis. Auf der Palliativstation ist es ihr ebenfalls ein Anliegen, die Kinder der Patienten in die Trauerprozesse zu integrieren. „Die Ausbildung als Trauerbegleiterin bestärkte meine Leidenschaft, mit Kindern zu arbeiten und mich Randthemen wie Sterben und Tod zu stellen“, ergänzt sie. Heike Fink arbeitete als Sozialfachbetreuerin im stationären sowie ambulanten Betreuungs- und Pflegebereich. In dieser Zeit absolvierte sie den Palliativlehrgang in Batschuns, bildete sich in Stams zur Sozialpädagogin weiter, unterrichtete dann vier Jahre in der Volksschule literarische Fächer und begleitete Kinder mit besonderen Bedürfnissen. „Mein Anliegen ist es, Kindern Räume zu geben, wo sie über Themen wie Traurigkeit, Wut, Angst und Tod sprechen können“, skizziert die Vierfach-Mama ihre Vorstellung. Sie weiß, dass Kinder oft einen natürlichen Umgang mit den schweren Themen des Lebens pflegen, aber: „Sie brauchen Menschen, die ihre Fragen beantworten, damit Tod und Trauer nicht zu Tabuthemen werden.“  

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Die Lehrmittel für Kinder sind liebevoll gestaltet.

Erinnerungsschatz

Die Frauen haben sich bewusst dafür entschieden, solche Lesestunden in den Büchereien der Gemeinden zu veranstalten: „Sie sind ein gemütlicher Ort der Begegnung und bieten einen geschützten Rahmen.“ Ausgewählte Kinderbücher unterstützen beim ungezwungenen Eintauchen in die schwierige Materie. Gemeinsam wird mit entsprechend gestalteten Materialien und Gegenständen ein Erinnerungsschatz kreiert, den die Kinder mit nach Hause nehmen dürfen. Und es gibt viel Zeit für Fragen. „Wir sehen es als wichtige Aufgabe, auch die Jüngsten unserer Gesellschaft darin zu stärken, Gefühle zu benennen und zuzulassen“, schildern Heike und Carmen die Beweggründe für ihr Vorhaben, das einmal im Monat stattfinden soll. „Zusagen für die Bereitstellung der Räumlichkeiten und die Anschaffung der Bücher haben wir bereits“, freuen sie sich. Jedes Kind darf, wenn es möchte, ein Kissen oder eine Decke mitbringen. Die Anzahl ist auf zehn begrenzt, die Teilnahme kostenlos, die Dauer eine Stunde. Der Erinnerungsschatz soll Kindern vermitteln, dass sie mit ihren Gefühlen nicht allein sind und jederzeit darüber sprechen dürfen, denn: „Viele Themen können ein Kind beschäftigen, ohne dass wir Erwachsene es wahrnehmen.“

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Mit ihren vier Kindern ist Heike Fink öfter einmal draußen unterwegs.

Zur Person

Heike Fink

Alter: 47

Berufliche Stationen: Sozialfachbetreuerin, Sozialpädagogin, Trauerbegleiterin, Hospizkoordinatorin

Familienstand: verheiratet, vier Kinder Clemens, Anna, Jodok und Pius

Hobbys: die Natur, auf der Alpe sein, musizieren

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Heike Fink nimmt gerne einmal die Gitarre zur Hand.

Carmen Fröwis

Alter: 35

Berufliche Stationen: diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflegerin

Familienstand: Partnerschaft, zwei Kinder Mayla und Noah

Hobbys: Bergsteigen, Wandern, Campen, Zeit mit der Familie, Reisen, der Garten

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In den Bergen fühlt sich Carmen Fröwis ebenfalls wohl.
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In die Hängematte legt sich Carmen Fröwis nur im Urlaub und zum Abschalten.

Infos zu den Lesestunden: heikefink@gmx.at und carmen_froewis@hotmail.com

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Carmen Fröwis kann sich bei Reisen ans Meer gut entspannen.
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Heike Fink holt sich Kraft für den beruflichen Alltag gerne in den Bergen.