„Die Montafoner, Klostertaler, Brandnertaler und Walsertaler sind abhängig von Bludenz”

Vorarlberg / 10.09.2025 • 17:15 Uhr
„Die Montafoner, Klostertaler, Brandnertaler und Walsertaler sind abhängig von Bludenz"
Ab 2026 wird im LKH Bludenz kein Kind mehr zur Welt kommen – die Geburtshilfe zieht nach Feldkirch, zum Unmut vieler im Bezirk. VN/Juni, Canva

Bürgermeister wettert. Entscheidung durch externes Gutachten beschleunigt.

Darum geht’s:

  • Geburtshilfe in Bludenz schließt Anfang 2026 endgültig.
  • Fehlendes Personal und Unattraktivität für Fachärzte in Bludenz.
  • Betreuung wird in Feldkirch zentralisiert für bessere Versorgung.

Von Marlies Mohr & Julia Böcken

Bludenz Nun ist eingetreten, worüber schon lange spekuliert wurde: Die Geburtshilfe am Landeskrankenhaus Bludenz wandert ins Landeskrankenhaus Feldkirch. Ab 1. Jänner 2026 ist die Abteilung definitiv zu. Dem Spital in Bludenz, in dem zuletzt jährlich etwa 400 Babys zur Welt kamen, bleiben die Still- und Schwangerschaftsambulanz. Die von der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) gestern, Mittwoch, bekanntgegebene Entscheidung fußt demnach auch auf der medizinischen Beurteilung durch einen externen Experten.

Einen Monat lang werden im LKH Bludenz keine Neugeborenen ihren ersten Schrei tun.  khbg/mathis
Im Landeskrankenhaus Bludenz ist es nun bald vorbei mit dem Babygeschrei.VLKH

Manfred Georg Mörtl kommt unter anderem zum Schluss, dass „vor dem Hintergrund der bevorstehenden Pensionierungen von Leistungsträgern in Geburtshilfe und Anästhesie eine Krankenhausstruktur mit ständig wechselnden Vertretungsärzten in einem sensiblen Bereich wie der Geburtshilfe höchst problematisch und mit erheblichen Gefahren verbunden ist“. Die Strukturen müssten jedoch intelligent und einfühlsam zusammengeführt werden.

Das LKH Bludenz ist bereit für Mütter und Babys.  KHBG/MATHIS
Das LKH Bludenz war lange bereit für Mütter und Babys, jetzt bald nicht mehr.  KHBG/MATHIS

Große Enttäuschung

Enttäuscht zeigt sich der Bludenzer Bürgermeister, Simon Tschann: „Es geht um Kinder, Frauen und Familien, da hätte ich mir mehr Einsatz von allen Beteiligten erwartet.“ Er zweifelt, ob die Führung der KHBG beim Kampf um den Erhalt mit derselben Entschlossenheit agierte, wie Stadt und Land. Was ihn ebenfalls ärgert: „Man hat nicht mit der Belegschaft im Krankenhaus gesprochen. Das darf doch nicht wahr sein“, wirft Tschann der KHBG klares Führungsversagen vor. Seine Forderung: „Wir wollen weiterhin einen selbständigen und qualitativ hochwertigen Krankenhausstandort in Bludenz.“ Es sei nicht akzeptabel, dass Abteilungen als zweitklassige Außenstellen von Feldkirch geführt würden.

Voraussetzungen fehlen

Personelle Engpässe hatten schon in den vergangenen Jahren immer wieder zu Schließungen der Abteilung im Sommer geführt. Die Personalsituation wird weiterhin als angespannt beschrieben, zudem gelte die Frauenheilkunde und Geburtshilfe als medizinisches Mangelfach. Wenig Geburten machen Bludenz wenig attraktiv für Fachärzte. „Die Geburtshilfe entwickelt sich rasant. Das Alter der Gebärenden steigt, Größe und Geburtsgewicht der Kinder nehmen zu. Das bringt Herausforderungen wie Risiken, denen wir Rechnung tragen müssen“, nennt Primar Burghard Abendstein, Leiter der Abteilungen in Feldkirch Bludenz, einen weiteren Aspekt, der gegen eine Fortführung spricht. Für komplexe Behandlungssituationen seien die Voraussetzungen in Bludenz nicht optimal. Es stehe kein Krisen-Team bereit, und es gebe keine stationäre Pädiatrie. „Oberste Priorität hat für uns, Müttern und Kindern eine bestmögliche Versorgung zu bieten. Dafür brauchen wir Fachpersonal und eine hochwertige medizinische Ausstattung – beides haben wir in Feldkirch.“

Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher bezeichnet die Schließung als ausschließlich medizinische Entscheidung. „Es ist keine Einsparungsmaßnahme. Sicherheit und Qualität stehen immer an erster Stelle.“ Seitens des Landes waren Finanzierung und Stellenausstattung laut ihrer Aussage gesichert. „Angebote wie eine spezialisierte Sprechstunde werden sichergestellt, um die Betreuung junger Familien wohnortnah und qualitätsvoll zu gewährleisten“, verspricht Rüscher.

„Die Montafoner, Klostertaler, Brandnertaler und Walsertaler sind abhängig von Bludenz"
Landesrätin Martina Rüscher will nicht von Einsparungsmaßnahmen reden. VN/Paulitsch

„Ein schwarzer Tag“

SPÖ-Gesundheitssprecherin Manuela Auer spricht von einem schwarzen Tag für die Gesundheitsversorgung im Bezirk Bludenz. Sie erinnert zudem an 4400 Unterschriften, die im Rahmen einer SPÖ-Petition zum Erhalt der Geburtenstation in Bludenz gesammelt wurden.Im Juli hat die SPÖ auch einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht. Dieser steht demnächst im Sozialpolitischen Ausschuss auf der Tagesordnung.  Weniger emotional reagiert Neos-Landessprecherin Claudia Gamon: „Entscheidend ist die bestmögliche Patientenversorgung, nicht der Standort.“

Wie stehst du zur Schließung der Geburtenstation?

Umfrage Geburtenstation Bludenz
Sophia Halbeisen (23, Thüringen): Die Montafoner, Klostertaler, Brandnertaler und Walsertaler sind abhängig von Bludenz. Nach Feldkirch zu kommen, ist verkehrstechnisch schwieriger. Ich wohne zwar in der Mitte, aber nach Feldkirch brauche ich trotzdem eine halbe Stunde, nach Bludenz nur 15 Minuten. Daher würde ich mich immer für Bludenz entscheiden. Manchmal muss es eben schnell gehen. Dann ist es gut, wenn ein Spital in der Nähe ist.“
Umfrage Geburtenstation Bludenz
Helga Reder (54, Dornbirn): Der Weg wird länger. Gerade für die Väter, die bei der Geburt auch dabei sein wollen, wird es schwieriger, rechtzeitig da zu sein. Das ist schade. Dabei wäre die Nahversorgung so wichtig. Vielleicht wird ja im Gegenzug das Hebammensystem und die Nachbetreuung in Bludenz ausgebaut. VN/Jun

Umfrage Geburtenstation Bludenz
Carmen Müller (31, Thüringen) zusammen auf dem Foto mit Tabea Martin (30, Bludenz): Es wäre wichtig, dass die Geburtenstation bleibt. Sie ist eine nahe Anlaufstation für alle aus dem Bezirk Bludenz. Wir haben ein großes Einzugsgebiet. Die werdenden Mütter müssen dann weiter fahren. Meine Freundin arbeitet auf der Geburtenstation. Ich hoffe, dass alle Angestellten ihren Job behalten können.

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