Jung, weiblich, toxisch sucht …

16.12.2024 • 10:49 Uhr
TOXIC. Britney über Spears“
In „Toxic“ geht es um Britney Spears, die einstige Princess of Pop, die mit über 150 Millionen weltweit verkauften Platten zu den erfolgreichsten Künstlerinnen gehört. Anja Koehler

Das Vorarlberger Landestheater präsentierte die Uraufführung von Daniella Eggers „Toxic. Britney über Spears“.

Bregenz Daniella Egger erhielt dieses Jahr den von den VN verliehenen Kunst- und Kulturpreis und hat mit „Toxic. Britney über Spears“ bereits ihre dritte Auftragsarbeit für das Vorarlberger Landestheater geschrieben. In „Toxic“ geht es um Britney Spears, die einstige Princess of Pop, die mit über 150 Millionen weltweit verkauften Platten zu den erfolgreichsten Künstlerinnen gehört, die jüngste Sängerin, die je auf dem Hollywood Walk of Fame verewigt wurde. Genauer gesagt, „Toxic“ ist kein reines Biopic, es wird darin ein Segment, die Jahre von ca. 1999 bis 2021, eines schier unglaublichen Lebens, beleuchtet.

TOXIC. Britney über Spears“
Nicht minder bravourös Nurettin Kalfa, der viele Rollen (Larry Rudolph, Paparazzo, Anwalt, Black Box Inhaber Mr. Yemini, Sam Asghari, Historiker) mimt. Anja Koehler

Daniela Egger hat an diesem Werk rund drei Monate inklusive Recherchen gearbeitet und hat einen Text vorgelegt, der aus einem Guss ist. Wohltuend geradlinig, dramaturgisch klug gebaut, den Charakteren jeweils genug Platz eingeräumt, ein nie an zu viel, nichts Überbordendes. Ein Text, der 95 Minuten fesselt. Sie hat die Schattenseite eines Superstars so weit es „juristisch“ möglich war durchleuchtet, und dadurch erscheint, die Spears (vielfach als Teenie-Popsternchen verschrien) in einem gänzlich anderen Licht.

TOXIC. Britney über Spears“
13 Jahre lang wurde Spears unter die Vormundschaft ihres Vaters gestellt. Anja Koehler

13 Jahre lang wurde Spears unter die Vormundschaft ihres Vaters gestellt, der in dieser Zeit gemeinsam mit einem Anwalt das Vermögen von ihr verwaltete. Man spricht hierbei von einem Verlust von über 600 Millionen Dollar, abgezweigt von Spears Vermögen, und die nie mehr aufgetaucht sind. Eine Zeit der größten Demütigungen, Verleumdungen, Erniedrigungen und Beschimpfungen, sie wurde 24 Stunden am Tag auf Schritt und Tritt von der Überwachungsfirma Black Box observiert und abgehört, die Entmündigung verbat ihr außerdem in dieser Zeit zu heiraten oder die Hormonspirale zu entfernen.

TOXIC. Britney über Spears“
Das Stück beleuchtet die Schattenseiten des Supertalents. Anja Koehler

Spears wurde auf einen „Goldesel streck dich“ herabgewürdigt, sie hatte nur noch zu funktionieren und ihren Peinigern möglichst viel Geld einzuspielen. Unvorstellbar, welche jähen Abgründe sich hierbei auftun, sie nehmen nahezu die Form einer griechischen Tragödie an. Der Text im Vor- bzw. Nachspann spricht auch von einer „Sterblichen”. Dargestellt wird sie meist mit einem Speer, ihre eigentlichen Waffen aber sind Musik und Tanz. Sie gilt als Symbol für Lebensfreude und Kreativität. Sie erringt trotz ihrer Jugend und Naivität das Recht auf einen Platz an einem fiktiven Ort mit dem Namen “Charts” – eine Analogie zum Olymp der griechischen Mythologie. Spears und auch die weiteren Rollen (Richterin, Mathew Rosengart) wird von Maria Lisa Huber verkörpert, sie hat einen Parcours de Force zu absolvieren, nicht nur textlich, auch akrobatisch und gesanglich – eine Glanzleistung. Nicht minder bravourös Nurettin Kalfa, der viele Rollen (Larry Rudolph, Paparazzo, Anwalt, Black Box Inhaber Mr. Yemini, Sam Asghari, Historiker) mimt.

TOXIC. Britney über Spears“
Die Uraufführung am Landestheater hatte auch optisch viel zu bieten. Anja Koehler

Das Schlussbild lässt eine in einem Ferrari-roten Lackbodysuit gekleidete und mit einem Speer bewaffnete Britney Spears auftreten, die an eine Erinnye (antike Rachegöttin) erinnert. „Die Rache ist mein“ und das ist gut so! Soviel Unrecht muss gesühnt werden, dem Furor sei kein Ende gesetzt.

Großes Kompliment an alle Beteiligten, nicht nur an Daniela Eggers Text, die beiden Schauspieler, vor allem auch die Regie von Agnes Kitzler sowie die Bühne und die Kostüme von Marina Deronja überzeugend auf allen Linien, brillant und beeindruckend. Eine außergewöhnliche Produktion! Viel Applaus. THS

Daniela Egger, Toxic. Britney über Spears. Weitere Termine: landestheater.org.