Mit KI Klimt neu entdecken

Rekonstruierte Fakultätsbilder in Farbe im Unteren Belvedere.
Wien Den Geheimnissen unter der Oberfläche von Gustav Klimts Werken sind Experten mit modernster Technologie auf der Spur. “Seit neun Jahren durchleuchten wir mehr als 40 seiner Gemälde”, sagt Restauratorin Stefanie Jahn. Die Ausstellung “Gustav Klimt – Pigment & Pixel” zeigt im Unteren Belvedere anhand von acht Werken die Ergebnisse der Untersuchungen, aber auch die mit KI rekonstruierten Fakultätsbilder in Farbe.
In der Ausstellung treffen Kunst, Forschung und Technologie aufeinander. Kunsttechnologische Methoden ermöglichen es, in tiefere Malschichten zu blicken und so den Bildaufbau und die Arbeitsweise des Künstlers nachzuvollziehen. Infrarot-Reflektografien machen beispielsweise Vorzeichnungen sichtbar. Röntgenaufnahmen enthüllen weitere Details wie zwei ursprünglich zusätzliche Hühner im Ölbild “Nach dem Regen”, die Klimt später übermalte.
Die Präsentation macht es auch dem Laien leicht, in die Materie einzutauchen. Der erste Raum, als eine Art “Seziersaal” in Blau gehalten, konzentriert sich auf den Blick unter die Schichten und auf Details: So gruppieren sich um Originale – wie “Judith und Holofernes”, “Sonnenblume” oder “Amalie Zuckerkandl” – vergrößerte Mikroskopaufnahmen von Details aus den Gemälden oder beispielsweise auch UV-Licht-Fotografien und Röntgenaufnahmen.
Im zweiten Raum, einer Art Schatzkammer in Rot, wie es beim Pressetermin hieß, wird den Besucherinnen und Besuchern Klimts Arbeitsweise mit Edelmetallen in seiner “Goldenen Periode” näher gebracht. Wie der Künstler vorging, um Blattgold auf die Leinwand zu bringen, oder wie er sich über so manche bewährte Vergoldungspraxis hinwegsetzte, um besondere Effekte zu erzielen, lässt sich anhand aktueller Forschungen, die auch in Filmen vermittelt werden, nachvollziehen.
Im letzten Raum dreht sich alles um die Fakultätsbilder “Die Medizin”, “Die Philosophie” und “Die Jurisprudenz”: Ursprünglich für die Universität Wien geschaffen, wegen heftiger öffentlicher Proteste nicht ausgestellt und am Ende des NS-Regimes zerstört, fanden sie nie ihren Bestimmungsort. Da bis auf eine einzige farbige Detailaufnahme nur Schwarz-Weiß-Fotografien existieren, blieb die Farbgebung Gegenstand von Spekulationen. In Zusammenarbeit von Google Arts & Culture mit dem Belvedere wurden die Gemälde nun aber mithilfe Künstlicher Intelligenz rekonstruiert, die Ergebnisse sind in der Ausstellung zu sehen.
Um die originale Farbgebung zu rekonstruieren, entwickelte der in London lebende Schwede Emil Wallner in einem aufwendigen Verfahren einen Algorithmus, der alle zur Verfügung stehenden Farben Klimts selbstständig verarbeitet und gleichzeitig wissenschaftliche Forschung einbezieht. So konnte die KI lernen, Klimts charakteristische Farbgebung nachzuahmen.