Zwischen Intimität und Leidenschaft

Der deutsche Pianist Fabian Müller mit Schubert und Beethoven bei der Schubertiade.
Hohenems Mit einem klug zusammengestellten Programm, das Schuberts späte Klavierwerke und Beethovens ikonische Mondscheinsonate umfasste, gelang es Fabian Müller am Dienstagabend, eine feinsinnige, spannungsreiche und zutiefst berührende musikalische Erzählung zu entfalten.

Bereits mit den “Drei Klavierstücken D 946” zog Müller das Publikum in seinen Bann. Das erste Stück in es-Moll fesselte durch eine meisterhafte Balance zwischen drängender Energie und lyrischer Innigkeit. Besonders hervorzuheben war, wie Müller die rhythmische Dauerspannung des Allegro assai nicht als bloßen Antrieb, sondern als atmenden Puls verstand, der die Musik atmet und lebendig hält. Im zweiten Klavierstück in Es-Dur strahlte sein Spiel eine tänzerische Leichtigkeit aus, die jedoch nie ins Beliebige abglitt. Müller verstand es, die feinen Brüche und Schatten, die Schubert unter die helle Oberfläche legt, behutsam herauszuarbeiten, ohne die gesangliche Grundstimmung zu zerstören. Das dritte Stück in C-Dur schließlich gestaltete er mit einer Mischung aus volkstümlicher Frische und subtiler Tiefe – ein hinreißender Abschluss dieser packenden Schubert-Gruppe.

Mit Beethovens „Mondscheinsonate“ zeigte Müller seine enorme stilistische Bandbreite. Im ersten Satz ließ er die berühmte Klangfläche nicht in sentimentaler Schwermut versinken, sondern hielt sie in einer zarten, fast schwebenden Spannung, die die melancholische Grundstimmung besonders eindringlich wirken ließ. Der zweite Satz wirkte bei Müller wie ein zarter Lichtblick: leichtfüßig, transparent und mit einem wunderbaren Sinn für phrasiertes Spiel. Im furiosen Presto agitato des dritten Satzes entfaltete Müller seine technische Souveränität: rasante Läufe, präzise Akzente und eine dramatische Gestaltung, die die eruptive Kraft Beethovens unmittelbar erlebbar machte. “Bravo-Rufe und Trampeln hallten durch den Markus-Sittikus-Saal.
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Nach der Pause erklang Schuberts große A-Dur-Sonate D 959, ein Gipfelwerk der Romantik. Müller überzeugte hier mit packender Erzählkraft. Im ersten Satz verstand er es, den monumentalen Aufbau mit klarer Linienführung zu durchdringen. Die lyrischen Passagen ließ er innig erblühen, während die dramatischen Ausbrüche – vor allem in der Durchführung – wahre Erschütterungen auslösten. In der schlichten Melancholie der Anfangsphrase des Andantino bewahrte Müller eine fast schmerzliche Verletzlichkeit, bevor er in der eruptiven Mittelpassage einen geradezu apokalyptischen Klangraum eröffnete, der in seiner Vehemenz und Expressivität atemberaubend wirkte.

Im Scherzo brillierte Müller mit federnder Leichtigkeit und klarem rhythmischen Profil, ohne je die poetische Grundhaltung zu verlieren. Das abschließende Rondo nahm er mit tänzerischer Eleganz, ließ aber auch hier die leisen Momente der Wehmut deutlich durchscheinen. Das Finale strahlte eine helle, fast versöhnliche Freude aus – ein zutiefst menschlicher Ausklang eines großen musikalischen Erlebnisses. Fabian Müller beeindruckte an diesem Abend durch technische Souveränität, interpretatorische Reife und eine feine emotionale Durchdringung der Werke. Er verband intellektuelle Klarheit mit großer Empfindungstiefe – eine Verbindung, die seine Darbietung nicht nur brillant, sondern wahrhaft berührend machte.