Eine schöne Erinnerung

VN-Kommentar von Walter Fink.
Was und wer war er eigentlich? Sicher ein Büchernarr. Sicher ein Kenner der Literatur, der klassischen ebenso wie der neuen. Sicher ein Freund der Dichter. Sicher ein Großer im Denken, indem er der Aufklärung verschrieben war, ebenso ein sehr regionaler, wenn es um den Dialekt ging. Und sicher ein Weltgewandter, weil er schon 1950 Fulbrigth-Stipendiat an der Colombia University in New York war. Die Rede ist vom Bregenzer Walter Lingenhöle, den viele nur als örtlichen Buchhändler kannten, der aber seine Kreise weit über diese Stadt hinaus zog. Vor wenigen Tagen wurde anlässlich des 100. Geburtstages von Walter Lingenhöle (er starb 2016) ein von seinem Freund Günter Rhomberg angeregtes Büchlein vorgestellt, das dem Germanisten ein Denkmal setzt. Texte von Wegbegleitern sind zu lesen, vieles von Walter Lingenhöle selbst, einige Gedichte von ihm in Bregenz Mundart.
Walter Lingenhöle hat die Vorarlberger Literatur entscheidend bereichert, mit eigenen Arbeiten ebenso wie mit Herausgaben in seiner Verlagsbuchhandlung. Am bekanntesten wohl die zwölf Bände der Gesamtausgabe der Werke von Franz Michael Felder, herausgegeben vom Franz-Michael-Felder-Verein, in dem er jahrzehntelang in verschiedenen Funktionen tätig war. Spezialität waren viele Reprints längst vergriffener Bücher, etwa von Aron Tänzer „Die Geschichte der Juden in Hohenems“ oder die „Gedichte in Bregenzer Mundart“ von Kaspar Hagen. Er verfasste Texte für Bildbände, schrieb die Dokumentation „65 Jahre Bregenzer Festspiele“ oder gab mit Ernst Wirthensohn „Muettersproch“ heraus, eine Sammlung Vorarlberger Mundartdichtung des 19. Jahrhunderts.
Es gibt also sehr vieles, was Walter Lingenhöle für die Vorarlberger Literatur geleistet hat – und das alles neben seiner Tätigkeit als Lehrer am Privatgymnasium Mehrerau, als Gestalter vieler Rundfunksendungen beim ORF Vorarlberg, als langjähriger Lehrer und Betreuer am amerikanischen Wagner-College in Bregenz und nicht zuletzt als Buchhändler am Platz.
Meine besondere Zuneigung hat er sich – neben vielen guten Gesprächen – vor allem dadurch erworben, indem er dem früh verstorbenen Bregenzer Fotografen, Maler und Dichter Rudolf Högler besondere Aufmerksamkeit schenkte. Högler verbrachte wesentliche Zeiten seines Lebens in Griechenland, dort entstand seine außergewöhnliche Malerei (die im vorarlbeg museum leider in der Versenkung des Depots verschwunden ist), dort schrieb er seine wunderbaren – längst vergriffenen – Gedichte. Und nicht zuletzt war er jener Fotograf, der den ersten Griechenland-Bildband in Farbe vorlegte, zu dem der beste Kenner griechischer Geschichte und Mythologie, Karl Kerényi, den Text verfasste. Mit Abschluss eines zweiten Bandes zu „Kreta“ verunglückte Högler 1957 bei einem Autounfall tödlich. Gemeinsam mit dem Theologen Josef Böckle schrieb Lingenhöle 1964 den Aufsatz „Im Schönen sei uns Wiederkehr“, eine Erinnerung an Högler. Schön wäre es, wenn Rudolf Högler auch – wie Lingenhöle in Günter Rhomberg – einen Förderer finden würde, der uns seine Arbeiten wieder zugänglich machen würde.