Hofburgduell nimmt Fahrt auf

Politik / 13.05.2016 • 22:31 Uhr
700 Menschen ließen sich die Diskussion nicht entgehen. Die Plätze waren nach nur zwei Stunden ausgebucht.
700 Menschen ließen sich die Diskussion nicht entgehen. Die Plätze waren nach nur zwei Stunden ausgebucht.

Hofer und Van der Bellen standen sich in Graz gegenüber. Der Wahlkampf wird rauer.

Graz. In der rechten Ecke, unter dem blauen Lichtkegel: Norbert Hofer! In der linken Ecke, von grünen Scheinwerfern angestrahlt: Alexander Van der Bellen! Schon die Aufmachung des Bundespräsidentschaftskandidaten-Duells der Vorarlberger Nachrichten mit den vier weiteren Bundesländertageszeitungen und der Zeitung „die Presse“ lässt erahnen, was die 700 Zuschauer in der Grazer Stadthalle an diesem Freitagabend zu erwarten haben: ein heftiges Duell. Die Schläge unter die Gürtellinie bleiben zwar aus, die Kandidaten für die Stichwahl am 22. Mai schenken sich aber nichts.

Die Regeln: Drei Runden sind geplant, jeweils zwei Journalisten befragen Van der Bellen und Hofer zu den Themen Heimat, Außenpolitik und Innenpolitik. Das Format lässt zu, dass die Kandidaten ausführlich antworten können, was der Debatte gut tut und Inhalt bringt.

Runde eins: Heimat

Für Hofer steht fest: „Ich frage mich, wie für einen Österreicher etwas anderes die Heimat sein kann als Österreich.“ Van der Bellen entgegnet: „Heimat kann man wegnehmen und kann man schenken. Mir, als Flüchtlingskind, wurde die Heimat in Tirol geschenkt.“ Als Beweis gibt er ein paar Sätze im Kaunertaler Dialekt zum Besten. Hofer ärgert sich, dass die Grünen den Begriff „Heimat“ für sich entdeckt haben. Das Wortgefecht wird intensiver. Hofer: „Van der Bellen hat einmal gesagt, er will das Bundesheer abschaffen. Jetzt will er Oberbefehlshaber werden.“ Van der Bellen wiederum fragt Hofer, ob er mit Unterstützern auf Facebook übereinstimme, die fordern, alle Flüchtlingshelfer auszuweisen. Und schon ist die erste Runde vorbei.

Runde zwei: Außenpolitik

„Wenn der blaue Parteichef Heinz-Christian Strache sich wie ein Elefant im Prozellanladen aufführt, den italienischen Ministerpräsidenten als Schlepper bezeichnet und die Tiroler Wiedervereinigung fordert, dann wundern Sie sich nicht, wenn auch Sie ein entsprechendes Gesicht nach außen transportieren“, schleudert Van der Bellen in Richtung Hofer. Dieser bleibt gleich beim Thema Südtirol. Eine Abstimmung über eine mögliche Wiedervereinigung will er nicht erzwingen, hier liege der Ball bei Rom, aber: „Doppelstaatsbürgerschaften halte ich für den richtigen Weg.“ Da widerspricht der Rivale erst gar nicht. Auch er habe nichts gegen Doppelstaatsbürgerschaften. „Aber die Grenzziehung zu Italien darf nicht in Frage gestellt werden. Dass so etwas überhaupt aufgebracht wird, ist mir schleierhaft.“

Stichwort: Das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen EU und USA. „So wie der Vertrag derzeit aussieht, unterschreibe ich ihn nicht“, antwortet Van der Bellen auf die Frage, ob er sich damit anfreunden könnte, wenn die privaten Schiedsgerichte herausgestrichen würden. Hofer will das Volk darüber abstimmen lassen, egal wie der Text aussieht. Überhaupt sei Van der Bellen gar nicht klar gegen das Abkommen. Konter des Wirtschaftsprofessors: Wer grundsätzlich gegen Freihandel sei, verstehe von Wirtschaft rein gar nichts.

Runde drei: Innenpolitik

Im Ring stehen ein blauer Kandidat und ein unabhängig-grüner Kandidat. Erstes Thema sind allerdings die Roten. Beide Kandidaten haben sich noch kein klares Bild des neuen Bundeskanzlers Christian Kern machen können, hoffen aber, dass mit seiner Benennung ein neuer Regierungsstil einhergeht. Die Frage nach möglichen Ministern öffnet die Tür für die „Wen würden Sie angeloben“-Debatte. Norbert Hofer ist sich bei Sonja Wehsely nicht sicher: „Da wäre ich schon sehr vorsichtig.“ Ihre Verantwortung als Wiener Stadträtin im Zusammenhang mit der Causa um die islamischen Kindergärten sei noch zu klären.

Das Fazit nach drei Runden im Grazer Ring: Weder Alexander Van der Bellen noch Norbert Hofer haben eine ­K.O.-Niederlage eingesteckt. Es wird ein Sieg nach Punkten. Für wen? Das wird der 22. Mai zeigen.

Bei Sonja Wehsely wäre ich schon sehr vorsichtig.

Norbert Hofer

Heimat kann man wegnehmen und kann man schenken.

Alexander Van der Bellen
Die Vorarlberger Nachrichten, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Oberösterreichische Nachrichten, Kleine Zeitung und „die Presse“ luden zum Duell um die Hofburg. Moderiert wurden die Runden jeweils von zwei Journalisten. Beim Thema Innenpolitik am Podium: VN-Innenpolitikchefin Birgit Entner und Andreas Koller (SN).  Fotos: KLZ/Fuchs
Die Vorarlberger Nachrichten, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Oberösterreichische Nachrichten, Kleine Zeitung und „die Presse“ luden zum Duell um die Hofburg. Moderiert wurden die Runden jeweils von zwei Journalisten. Beim Thema Innenpolitik am Podium: VN-Innenpolitikchefin Birgit Entner und Andreas Koller (SN). Fotos: KLZ/Fuchs
Wenn die beiden Kandidaten im Amt genauso angriffig sind wie bei der Diskussion der Bundesländer-Tageszeitungen, dann stehen uns innenpolitisch turbulente Zeiten bevor. 
               Mario Zenhäusern, TT

Wenn die beiden Kandidaten im Amt genauso angriffig sind wie bei der Diskussion der Bundesländer-Tageszeitungen, dann stehen uns innenpolitisch turbulente Zeiten bevor.

Mario Zenhäusern, TT

Eine zweistündige Frontalkollission zweier gegensätzlicher Weltsichten. Vor allem bei Hofer fiel auf, dass er das Samtige immer mehr ablegt und die Dosis erhöht. Er wird zum Wolf im Wolfspelz. 
               Hubert Patterer, Kleine Zeitung

Eine zweistündige Frontalkollission zweier gegensätzlicher Weltsichten. Vor allem bei Hofer fiel auf, dass er das Samtige immer mehr ablegt und die Dosis erhöht. Er wird zum Wolf im Wolfspelz.

Hubert Patterer, Kleine Zeitung

Es war ein echtes Streitgespräch. Es war spannend und es wurde offenherzig diskutiert. Die Wähler und Wählerinnen konnten bei dieser Debatte viele neue Einsichten gewinnen. 
               Christoph Kotanko, OÖN

Es war ein echtes Streitgespräch. Es war spannend und es wurde offenherzig diskutiert. Die Wähler und Wählerinnen konnten bei dieser Debatte viele neue Einsichten gewinnen.

Christoph Kotanko, OÖN

Die Atmosphäre zwischen beiden wird von Konfrontation zu Konfrontation aggressiver. Hofer hat sich in seiner Antwort auf einen jungen Moslem erstmals radikal gezeigt und nicht staatstragend.  
               Wolfgang Böhm, Die Presse

Die Atmosphäre zwischen beiden wird von Konfrontation zu Konfrontation aggressiver. Hofer hat sich in seiner Antwort auf einen jungen Moslem erstmals radikal gezeigt und nicht staatstragend.

Wolfgang Böhm, Die Presse

Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen sind zwei Kandidaten mit Ecken und Kanten. Da wissen der Wähler und die Wählerin, was sie haben. Es war eine Diskussion, die vieles geklärt hat. 
               Andreas Koller, SN

Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen sind zwei Kandidaten mit Ecken und Kanten. Da wissen der Wähler und die Wählerin, was sie haben. Es war eine Diskussion, die vieles geklärt hat.

Andreas Koller, SN

Waren Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen zu Beginn des Stichwahlkampfs noch um freundliche Rhetorik bemüht, sind sie im Finale zum Duell um die Hofburg viel angriffiger geworden.  
               Birgit Entner, VN

Waren Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen zu Beginn des Stichwahlkampfs noch um freundliche Rhetorik bemüht, sind sie im Finale zum Duell um die Hofburg viel angriffiger geworden.

Birgit Entner, VN

Stimmen

Wenn die Grünen mit Heimat Werbung machen, ist das in etwa genau so, als würde ich Drogenfreiheit für alle fordern.

Norbert Hofer

Ich werde den Herrn Hofer am 9. Juni gerne zu mir in die Hofburg auf einen Kaffee einladen.

Alexander Van der Bellen

Herr Van der Bellen hat früher einmal gesagt, dass er für die Abschaffung des österreichischen Bundesheeres ist. Und jetzt will er auf einmal Oberbefehlshaber werden.

Norbert Hofer

Jeder der lacht, wenn von Freihandel die Rede ist, hat von Wirtschaft gar keine Ahnung.

Alexander Van der Bellen

Ich hoffe, dass es nicht wieder zu Donnerstagsdemos kommt. Diese Angstmache hinsichtlich der FPÖ ist nicht richtig.

Norbert Hofer

Ein Bundespräsident kann die Regierungsparteien zwar ermahnen, aber wenn sie sich dem kollektiven Harakiri hingeben wollen, kann er es auch nicht verhindern.

Alexander Van der Bellen

Ich glaube, Europa ist so stark wie seine Mitgliedsstaaten.

Norbert Hofer

Umgibt man sich mit Europafeinden, muss man sich nicht wundern, wenn man selbst als solcher bezeichnet wird.

Alexander Van der Bellen

Mir ist etwas eingefallen, aber ich sage es nicht.

Norbert Hofer

Ich kann meine Meinung ändern, wenn ich bessere Argumente höre.

Alexander Van der Bellen