Absage an US-Führungsrolle

Hannelore Veit: Bei Trump gilt auch in der Außenpolitik „America First.“
hohenems Trotz mangelnden Erfolgen seit seiner Wahl zum Präsidenten sind viele Amerikaner nach wie vor von Donald Trump überzeugt, sagt die Journalistin Hannelore Veit. Im VN-Interview äußert sich die USA-Korrespondentin des ORF, die kürzlich auf Einladung der Raiffeisenbank Vorarlberg in Hohenems über das Stimmungsbild in dem Land gesprochen hat, auch zu Spaltungstendenzen bei den Republikanern.
Gerade ist Trump von seiner Asien-Reise zurückgekommen. War sie ein Erfolg?
veit Trump hat auf dieser Reise wenig Substanz gezeigt. Er sieht sich selbst als „Dealmaker“, als jemanden, der persönliche Beziehungen aufbauen will. Sein ganzes Berufsleben lang hat er das so gemacht. Nun will er das auch in der Außenpolitik so handhaben und glaubt, er habe die besten Beziehungen zum chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Damit ist es aber nicht getan. Man hat bei dieser Reise wieder gemerkt, wie schwer sich Trump in diesem Bereich tut, wie er sich ständig selbst widerspricht.
Vollziehen die USA mit der Absage an Multilateralismus einen radikalen Kurswechsel?
veit Amerika hatte immer den Anspruch einer globalen Führungsrolle. Die Linie der Außenpolitik aus US-Sicht bestand darin, die führende demokratische Macht auf der Welt zu sein, Demokratie zu exportieren und die Menschenrechte hochzuhalten. Trump ist dabei, diese Rolle aufzugeben. Ihn interessieren ausschließlich die USA. Eigenen Angaben zufolge hat er zwar das Thema Menschenrechte beim Treffen mit dem philippinischen Präsidenten in den Mund genommen, die andere Seite verneint das aber. Ganz sicher hat er es in China nicht thematisiert. Frühere Präsidenten haben die Menschenrechte immer angesprochen, egal wo sie waren.
Die US-Wahl ist bereits ein Jahr her. Wie hat Trump die USA innenpolitisch verändert?
veit Er hat noch kein großes Gesetzesvorhaben durchgebracht. Bei Obamacare können sich die Republikaner nicht einigen; manchen geht eine Reform zu weit, anderen nicht weit genug. Das Einreiseverbot gab es in vielen Varianten, inzwischen wurde es stark verwässert. Nun hat sich Trump bis Weihnachten vorgenommen, eine Steuerreform durchzubringen. Bislang ist das ein mageres Fazit.
Braucht Trump die Steuerreform, um endlich einen Erfolg vorweisen zu können?
veit Ja. Man muss aber dazu sagen, dass es genug Menschen gibt, die ihn für erfolgreich halten. Er behauptet das ja immer. Viele glauben es, weil sie keine Medien konsumieren, die diese Aussagen kritisch betrachten. Das ist ja nicht nur auf die USA beschränkt. Man kann sich heute aus einem riesigen Angebot an elektronischen Medien, Zeitungen oder Social Media herausholen, was man hören will und sich die eigene Meinung immer wieder bestätigen lassen.
Die republikanischen Senatoren Bob Corker und Jeff Flake haben sich kürzlich gegen Trump gestellt. Wie gespalten ist die Partei?
veit Man kann mehr oder weniger von drei Teilen sprechen. Einerseits gibt es die Erzkonservativen, die Tea Party, von der man derzeit wenig hört, die aber ein fester Bestandteil der Partei sind. Daneben haben wir die Republikaner im ursprünglichen Sinn, die sich für eine freie Wirtschaft und geringen Einfluss des Staates stark machen. Sie haben momentan wenig zu sagen. Anders sieht es beim nationalistischen, populistischen Lager von Trump aus. Die anderen gehen da mit, auch wenn sie das widerwillig und zähneknirschend tun. Flake will nun nicht mehr kandidieren und den Widerstand innerhalb der Partei weiterführen. Wie weit er und auch Corker damit kommen, lässt sich schwer voraussagen.
„Trump hat noch kein großes Gesetzesvorhaben durchgebracht.“

Zur Person
Hannelore Veit
geboren am 9. Juni 1957 in Wien, leitet seit 2013 das ORF-Korrespondentenbüro in Washington DC. Zuvor moderierte die Journalistin unter anderem die „Zeit im Bild“.