Existenzkrise

Cambridge-Analytica-Skandal hält soziales Netzwerk in Atem.
Menlo Park Das größte soziale Netzwerk der Welt steht derzeit massiv unter Druck. Die Datenaffäre rund um die Firma Cambridge Analytica bestimmt die Schlagzeilen. Doch was hat es mit den Vorwürfen auf sich? Ein Überblick.
Worum geht es überhaupt?
Die britische Analysefirma Cambridge Analytica hat sich unerlaubt Zugang zu Daten von rund
50 Millionen Facebook-Profilen verschafft. Dadurch war es möglich, Wähler im US-Wahlkampf 2016 gezielt mit Wahlwerbung zu beeinflussen. Laut der Zeitung „Guardian“ gibt es auch Hinweise, dass Cambridge Analytica enge Verbindungen zu der kanadischen Datenanalyse-Firma AggregateIQ hatte. Sie spielte beim Brexit-Referendum eine wichtige Rolle.
Wie ging Cambridge Analytica vor?
Ein Professor entwickelte eine Facebook-App mit einer Umfrage. Rund 270.000 Nutzer sollen sich die App heruntergeladen haben. Ihre Daten gingen an Cambridge Analytica zur Erstellung psychologischer Profile. Die Firma erfuhr auch Profildaten von Facebook-Freunden; den Nutzern war das nicht bewusst. Facebook schränkte diesen Schnittstellen-Zugriff auf Freundesprofile 2015 ein. Als das Netzwerk Wind von der Aktion der Datenanalytiker bekam, wurden sie dazu angehalten, die Informationen zu löschen. Facebook gab sich mit der Zusicherung zufrieden, dass dies geschehen sei.
Was sind die Folgen für Facebook?
Der Skandal stürzte das Unternehmen in seine bis dato tiefste Krise. Seit die Vorwürfe vor knapp zwei Wochen bekannt wurden, hat der Aktienkurs um rund 17 Prozent nachgegeben. Bei Twitter macht der Hashtag „#deletefacebook“ die Runde. Mehrere Unternehmen verließen das Netzwerk oder stellten die Werbung ein. So ließ etwa der Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla und der Raumfahrtfirma SpaceX, Elon Musk, die Unternehmensseiten entfernen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat sich mehrfach entschuldigt, zuletzt in deutschen Zeitungsinseraten. Am Donnerstag gab das Netzwerk bekannt, künftig externe Datenhändler von seiner Werbeplattform auszuschließen.
Wie reagieren die Behörden?
Sie sind vielerorts alarmiert. In den USA wird Zuckerberg vor dem Kongress aussagen. Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC kündigte eine Überprüfung der Datenschutzregeln an. EU-Justizkommissarin Vera Jourova schrieb einen Brief an die Facebook-Vorständin Sheryl Sandberg. Darin fordert sie Klarstellung, ob Cambridge Analytica auch Daten von EU-Bürgern missbräuchlich verwendet habe.
Hätte man schon früher Bescheid wissen können?
„Es gab immer wieder Berichte und Belege, dass der Umgang von Facebook mit persönlichen Daten äußerst problematisch ist“, sagt Werner Reiter vom österreichischen Datenschutz-Verein epicenter.works. Er verweist auch auf den Datenschutzaktivisten und Gründer der NGO „nyob – Europäisches Zentrum für Datenschutz“, Max Schrems, der seit Jahren juristisch gegen Facebook vorgeht. Schrems selbst erklärte, er habe schon 2011 bei der irischen Datenschutzbehörde angezeigt, dass Facebook „millionenfach Daten seiner Nutzer illegal diversen zwielichtigen Apps zur Verfügung“ stelle. Irland ist der europäische Hauptsitz von Facebook. Es sei nicht klar gewesen, welche Apps die Daten bekommen und ob sie überhaupt Datenschutzvorschriften erfüllen. In Europa gilt ab Ende Mai die Datenschutz-Grundverordnung. Verstöße können mit hohen Geldstrafen geahndet werden. Grundsätzlich seien die Vorgänge um Cambridge Analytica schon nach bestehender Rechtslage nicht legal gewesen, gibt Reiter zu bedenken. Es komme aber immer darauf an, ob die Datenschutz-Regelungen auch durchgesetzt werden. VN-RAM