Könnte das Coronavirus die Regierung lahmlegen?

Politik / 11.03.2020 • 12:00 Uhr
Könnte das Coronavirus die Regierung lahmlegen?
Verfassungsjurist Peter Bußjäger hält die Regierungen mit diesen Vorgaben für relativ krisensicher aufgestellt. VN

Verfassungsjurist Bußjäger sprach mit den VN über die Beschlussfähigkeit der Bundes- und Landesregierung.

Wien Mitglieder der Bundesregierung werden genauso behandelt wie alle anderen auch. Kommen sie mit dem Coronavirus in Kontakt, müssen auch sie in Quarantäne. Doch könnte Österreich im schlimmsten Fall regierungslos werden? „Nein“, antwortet Verfassungsjurist Peter Bußjäger und verweist auf die Bundesverfassung. Fällt der Kanzler aus, wird dieser vom Vizekanzler vertreten. Sind beide verhindert, so übernimmt das dienstälteste Regierungsmitglied die Agenden. Beschlussfähig ist die Bundesregierung, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder, also acht von 15, anwesend ist, steht in der Verfassung. Was „anwesend“ bedeutet, ist nun Auslegungssache. Bußjäger geht davon aus, dass auch eine schriftliche Beschlussfassung im Umlaufverfahren zulässig wäre, sollte mehr als die Hälfte der Regierungsmitglieder isoliert leben müssen: „Quarantäne als solche bedeutet ja nicht, dass das betreffende Organ amtsunfähig ist.“ Ganz ausdrücklich regelt das die Verfassung allerdings nicht, wie der Experte sagt. „Ich gehe aber davon aus, dass eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren zulässig sein dürfte.“

Die Landesverfassung ist da schon genauer. Sie legt ebenso fest, dass es mehr als die Hälfte der Regierungsmitglieder braucht, um handlungsfähig zu bleiben. Im Fall der Landesregierung sind das mindestens vier Personen. Nur wenn die Geschäftsordnung eine qualifizierte Mehrheit vorschreibt, müssen mehr anwesend sein. Die Landesverfassung räumt ihnen aber auch die Möglichkeit ein, einen Beschluss im „Umlaufwege“ zu fassen, wenn „die Angelegenheit so dringend ist, dass die nächste Sitzung nicht abgewartet werden kann“. Auch in solchen Fällen müssen mindestens vier Mitglieder der Landesregierung dem entsprechenden Antrag zustimmen.

Die Geschäftsordnung regelt unterdessen die Vertretung der Regierungsmitglieder auf Landesebene: „Bei Verhinderung des Landeshauptmanns gehen alle ihm aufgrund der Verfassung zustehenden Rechte und Pflichten auf den Landesstatthalter über. Ist auch dieser verhindert, so gehen diese Rechte und Pflichten auf das hiefür von der Landesregierung bestimmte Regierungsmitglied über.“ Die Geschäftsverteilung legt fest, wer genau wessen Vertretung ist. Sind sowohl Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) also auch Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) verhindert, muss Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) für sie einspringen.

Bußjäger hält die Regierungen mit diesen Vorgaben für relativ krisensicher aufgestellt. Notverordnungen wären zwar möglich, in der Konstellation inklusive der Möglichkeit, Umlaufbeschlüsse zu fassen, müsse man über diese aber gar nicht nachdenken, hält der Jurist fest.