“Stopp Corona”: App als möglicher Ausweg?

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Smartphone-Anwendung “Stopp Corona”.
Wien Kann eine App dazu beitragen, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen? Darüber gibt es viele Diskussionen, nicht nur in Österreich. So ist eine solche Smartphone-Anwendung auch in Deutschland und der Schweiz Thema. Hierzulande hat das Rote Kreuz bereits im März die App „Stopp Corona“ vorgestellt. Ab Donnerstag soll es neue Funktionen geben.
Was macht die App?
Es handelt sich im Prinzip um ein Kontakttagebuch. Treffen sich zwei App-Nutzer, können sie anonym einen „digitalen Handshake“ austauschen. Der Kontakt wird lokal auf das jeweilige Smartphone als Nummer gespeichert. Wird ein Nutzer positiv auf das Coronavirus getestet, kann er das in der App vermerken. Dann werden alle Nutzer gewarnt, mit denen er in den letzten 48 Stunden Kontakt gehabt hat. Sie werden gebeten, sich in häusliche Isolation zu begeben.
Woher bekommt man “Stopp Corona”?
Sie ist seit etwas mehr als einer Woche im App Store oder im Play Store erhältlich. Sie ist gratis. Knapp 200.000 Menschen haben sie bereits heruntergeladen und installiert.
Was ist in der neuen Version vorgesehen?
Bisher muss man die Kontakte händisch eingeben. In Zukunft sollen sie automatisch erfasst und gespeichert werden – sofern sich der User das wünscht. Möglich sein wird das über Bluetooth oder WLAN, wie das federführende Entwicklerteam von Accenture Österreich erläuterte. Auch ein Selbsttest mit vier Fragen zu möglichen Corona-Symptomen informiert im Verdachtsfall das Kontaktumfeld. Für die App ist eine Open Source-Lösung geplant. Im Prinzip bedeutet das, dass der Quellcode frei zugänglich ist. Das soll für Transparenz sorgen.
Was sind die Hoffnungen hinter einer solchen Vorgangsweise?
Sobald erstmals Symptome auftreten, können die Kontakte aufgespürt und gewarnt werden – so die Hoffnung. Das Fenster, in dem weitere Personen angesteckt werden könnten, würde sich verkleinern. Dafür müssten aber möglichst viele Menschen die App nutzen.
Könnte die Politik die Menschen dazu verpflichten, die App zu nutzen?
Am Wochenende hatte sich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) für eine Verpflichtung ausgesprochen. Es werde verfassungsrechtlich geprüft, ob für Menschen, welche die App nicht nutzen, die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden könnte, sagte der ÖVP-Politiker. Damit zog er die Kritik sämtlicher Oppositionsparteien auf sich. Das Rote Kreuz sprach sich für Freiwilligkeit aus, ebenso der Koalitionspartner der Volkspartei, die Grünen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wollte sich zwar nicht auf einen verpflichtenden Einsatz der Software festlegen, bestätigte aber grundsätzlich, auf Tracking setzen zu wollen. „Die App des Roten Kreuzes ist eine gute Basis“, sagte er im Interview mit den VN und den anderen Bundesländerzeitungen.
Und was ist mit jenen, die gar kein Smartphone haben?
Für die rund zwei Millionen Österreicher ohne Smartphone könnte es entsprechende Schlüsselanhänger mit derselben Funktion geben, kündigte Kurz an.
Was sagen Datenschutz-Experten?
Datenschutzaktivist Max Schrems hält es grundsätzlich für legitim, Daten im Kampf gegen das Coronavirus einzusehen. Das müsse aber mit Maß und Ziel geschehen. Freiwillige Programme mit lokal gespeicherten Daten seien machbar. Auch SBA Research bezeichnete die aktuelle Version von “Stopp Corona” für datenschutzrechtlich in Ordnung. Dass das digitale Händeschütteln nachverfolgt werden könne, solle aber kritisch beobachtet werden.
Wäre eine europaweite App denkbar?
Es gibt eine Initiative namens Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing (PEPP-PT), die an einer gesamteuropäischen App-Lösung arbeitet. Sie besteht aus 130 Wissenschaftlern aus Österreich, Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und der Schweiz. Ziel ist es, einen gemeinsamen Standard zu gewährleisten. Mit dem Roten Kreuz soll es bereits Gespräche geben.