Peter Schröder

Kommentar

Peter Schröder

Felix Austria?

Politik / 13.04.2020 • 16:30 Uhr

Katastrophen zerstören Mythen. Wie die gegenwärtige COVID-19-Pandemie. „Wir haben das beste Gesundheitswesen der Welt“, verkündet US-Präsident Donald Trump immer wieder. Tatsächlich wenden die USA dafür auch soviel Geld auf wie kein anderes Land der Welt: Laut UNO-Weltgesundheitsorganisation (WHO) pro Person und Jahr 9892 Dollar. Fast doppelt soviel wie in Österreich (5227 Dollar).

Und welche Versorgung bekommen die Bewohner dieser Länder dafür? In der ernüchternden WHO-Bilanz landen die USA statistisch nicht ganz oben, sondern in der Kategorie „Entwicklungsland“: so ungefähr zwischen Albanien und Libanon. Denn der Länder-Vergleich der WHO sieht so aus: Pro 10.000 Einwohner werden in den USA 26,12 Ärzte gezählt, in Österreich dagegen 51,7. Bei den Krankenhausbetten (die in Pandemie-Zeiten besonders wichtig sind) stehen jeweils 1.000 Einwohnern in den USA 2,8 Betten zur Verfügung, in Österreich 7,6. Das erklärt auch, warum in US-Landen gegenwärtig auf Fußballfeldern und in Kirchen eilig Zelt-Notlazarette eingerichtet werden müssen.

In der WHO-Bilanz landen die
USA nicht ganz oben, sondern in der Kategorie
„Entwicklungsland“.

Das nur sündhaft teure, aber nicht weltmeisterliche US-Gesundheitssystem ist mit ein Grund dafür, dass Amerikaner mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 68,5 Jahren früher sterben müssen als Österreicher (72,4 Jahre). Auch bei der Müttersterblichkeit ist die US-Bilanz beklagenswert. Pro 100.000 Geburten sterben in den USA durchschnittlich 19 Gebärende. In Österreich überleben statistisch jeweils fünf Schwangere die Geburt nicht. Das große Ausgaben-Erfolgs-Gefälle zwischen dem amerikanischen und dem österreichischen Gesundheitssystem ist laut WHO auch in den Systemen anderer Industrie-Staaten erkennbar.

Während in den meisten „entwickelten Staaten“ (einschließlich Österreich) praktisch alle Bürger einen Krankenversicherungsschutz und damit einen garantierten Zugang zu medizinischer Versorgung haben, ist laut WHO in den USA jeder siebte Bürger unversichert (insgesamt 28,6 Millionen). Viele unter ihnen könnten sich nicht einmal einen simplen Arztbesuch und notwendige Medikamente leisten. Dies habe mit einiger Sicherheit schon dazu geführt, dass
Coronainfizierte auf Arztbesuche verzichteten, oder gar starben, und damit möglicherweise in keiner der gegenwärtigen Viren-Statistiken auftauchen.

Die Ineffizienz des US-Gesundheitswesens und die hohe Zahl von Corona-Toten in den USA hat nach Einschätzung von Experten eine wesentliche Grundursache: Die weitgehend privatwirtschaftlich organisierte Struktur des US-Gesundheitswesens mit gewinnorientierten Krankenhauskonzernen und Krankenversicherungen.

Nicht nur WHO-Statistiker können sich jetzt fragen: In welchem Land sollte man/frau – wenn es schon sein muss – krank werden: in den USA oder in Österreich?