Der unsichtbare Tod
Die Lawinenkatastrophe von 1954 forderte in Vorarlberg 120 Todesopfer. Gedenktafeln im Großwalsertal und anderswo erinnern an den Verlust so vieler Leben durch den Weißen Tod.
Corona hat bislang in Vorarlberg 152 Menschenleben gefordert, allein 133 davon in den letzten Wochen in der zweiten Welle. Gestorben wird nicht an einem Unglücksort, sondern in den Intensivstationen der Spitäler. Sichtbar sind lediglich mehr Todesanzeigen in dieser Zeitung, beispielsweise. Große Beerdigungen finden derzeit ja nicht statt. Im Alltag ist der Verlust durch die Pandemie nicht auszumachen.
Corona, der unsichtbare Tod
Die Katastrophe findet auf den Intensivstationen statt, auch jenen der Vorarlberger Krankenhäuser. Wir empfinden klassische Unglücke einfach anders als diesen unsichtbaren Tod. Wenn zwölf betagte Bewohner in einem Altersheim sterben, wie das 2008 im Egger Vinzenzheim durch eine Feuerkatastrophe geschehen ist, dann brennt sich der Verlust ins kollektive Gedächtnis, vor allem aber suchen wir Schuldige, Ursachen. Jetzt sprechen wir aktuell über 50 Todesfälle in Verbindung mit Corona in Vorarlbergs Pflegeheimen: 30 Prozent der Corona-Toten haben dort gelebt. Menschen, die noch viel vorgehabt hätten. Das gilt übrigens für alle Verstorbenen: 14 der Vorarlberger Opfer waren beispielsweise jünger als 69 Jahre.
Die gute Nachricht: Wir alle können helfen. Allein gestern haben 52.260 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger dabei mitgeholfen, die zweite Welle zu brechen. Wenn Sie, wie die klare Mehrheit der Vorarlberger, noch nicht beim Test waren, ist heute der ideale Zeitpunkt, 15 Minuten Ihres Lebens zu investieren. Melden Sie sich unter vorarlberg.at/vorarlbergtestet an – oder gehen Sie einfach auf gut Glück ohne Anmeldung hin, es gibt freie Termine zuhauf und bislang jedenfalls keine Wartezeiten. Ausweis nicht vergessen. Es tut nicht wirklich weh und das Beste ist die Frage: „Welches Nasenloch hätten’s denn gern?” Das Ergebnis gibt es nach 15 Minuten per SMS, zu 99,41 Prozent freundlich-erfreulich: „Der Antigen-Test im Rahmen der Aktion ‚GANZ VORARLBERG TESTET‘ ist NEGATIV.”
Die Besten im Westen im Testen: während in Wien und Tirol heute vieles überhaupt nicht geklappt hat, ist Vorarlberg in 14 Tagen ein logistisches und technisches Meisterstück geglückt, das uns bei künftigen Tests, bei der Corona-Impfung sehr helfen wird. Nachdem der Landesregierung vor wenigen Wochen das Contact-Tracing noch völlig entglitten ist, hat nun maßgeblich die Landeswarnzentrale ein vorbildliches, volldigitales System geschaffen, das alles perfekt abwickelt und der Last bisher standgehalten hat. Alle Testergebnisse werden transparent in Echtzeit veröffentlicht, es sind keine Schätzungen tagsüber wie in der Bundeshauptstadt Wien nötig. Der dortige Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker meinte kürzlich in der ZIB2: „Vorarlberg hat 96 Bürgermeister und 96 Bürgermeistersekretärinnen”, die könnten mit ihrer Struktur die 80 Testlokale organisieren, das müsse Wien anders, größer, zentraler machen. Ob das auch besser ist? In der Zwei-Millionen-Stadt Wien, das an zehn Tagen testen will, wurden gestern 22.402 Menschen getestet, mit Warteschlangen und IT-Ausfall. Im vermeintlich kleinen Vorarlberg waren es weit mehr als doppelt so viele, in absoluten Zahlen. Reibungslos.
„Sicherheit braucht regionale Strukturen”, ist ein alter Leitspruch, den der frühere Sicherheitslandesrat und heutige VN-Ombudsmann Erich Schwärzler geprägt hat. Nie stimmte dieser Satz mehr als heute.
Freilich könnte man sich auch zurücklehnen und darüber lamentieren, ob die Massentests dem Bundeskanzler politisch nützen oder schaden. Ob Corona sehr viel schlimmer ist als die Grippe. Ob man auf Telegram irgendeinen Schwachsinn gelesen hat.
Oder Sie gehen einfach zum Test, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Ihre Entscheidung.
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