Neuer Machtpoker in Italien

Politik / 26.01.2021 • 22:29 Uhr
Reporter haben sich vor dem Palazzo Chigi in Rom, dem Amtssitz des Regierungschefs, versammelt. Reuters
Reporter haben sich vor dem Palazzo Chigi in Rom, dem Amtssitz des Regierungschefs, versammelt. Reuters

Premier Conte reichte Rücktritt ein. Nun gibt es verschiedene Optionen.

rom Nach dem Bruch der Regierungskoalition in Italien vor zwei Wochen hat Ministerpräsident Giuseppe Conte offiziell seinen Rücktritt bei Staatspräsident Sergio Mattarella eingereicht. Mitten in der Corona-Pandemie drohen Italien nun schwere politische Turbulenzen.  Bereits heute, am Mittwoch, sollen die Beratungen darüber beginnen, wie es weitergeht. Mattarella bat Contes Regierung, vorerst im Amt zu bleiben. Der Staatspräsident behielt sich das Recht vor, Conte erneut das Mandat zur Regierungsbildung zu erteilen. Zumindest die im Mitte-Links-Bündnis verbliebenen Politiker der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, der Sozialdemokraten und der linken Liberi e Uguali wollen mit dem parteilosen Anwalt weiter machen.

Die Karten in der Politik könnten damit neu gemischt werden. Denn nachdem Matteo Renzi mit seiner Kleinpartei Italia Viva Mitte Jänner die Koalition im Streit um die Verwendung von EU-Hilfsgeldern verlassen hatte, steht er als Bündnispartner nicht mehr oben auf der Liste. Ganz verschließen will man sich ihm jedoch auch nicht, wie Verteidigungsminister Lorenzo Guerini zu “La Repubblica” sagte. Contes Regierung hatte zunächst eine Vertrauensfrage in den beiden Parlamentskammern überstanden, wobei die Abstimmung im kleineren Senat knapp und nicht mit einer absoluten Mehrheit ausging – eine wackelige Grundlage, um weiter regieren zu können.

“Ursula-Mehrheit”

Eine andere ins Spiel gebrachte Konstellation ist die Maggioranza Ursula (Ursula-Mehrheit). Dabei würden die Parteien koalieren, die für Ursula von der Leyen einst als EU-Kommissionschefin gestimmt hatten, also Fünf-Sterne, Sozialdemokraten, Liberi e Uguali und die konservative Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi. Diese Idee gefällt dem rechten Oppositionsblock aber überhaupt nicht. Vor allem Ex-Innenminister Matteo Salvini, der sich bei Neuwahlen eine Mehrheit seiner Lega mit der Forza Italia und den rechten Fratelli d’Italia ausmalt, ist davon und auch von anderen Überläufern aus dem rechten Lager nicht begeistert. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Expertenregierung. Die wohl unbeliebteste Alternative sind vorgezogene Wahlen. Die Befürchtung ist, dass die rechten Parteien viele Stimmen hinzugewinnen, was nicht zuletzt auch dem sozialdemokratischen Mattarella Sorgen bereitet.