Immer mehr Frauen sind von Gewalt betroffen

Politik / 06.05.2021 • 05:00 Uhr
Immer mehr Frauen sind von Gewalt betroffen
Die Polizei sprach heuer in 120 Tagen 170 Betretungsverbote aus. Das sind 20 Prozent mehr als in den ersten vier Monaten des Vorjahres, erklärt Ulrike Furtenbach, Leiterin der ifs Gewaltschutzstelle. VN/STEURER

Betretungsverbote stiegen im Vorjahresvergleich um 20 Prozent. Frauennotwohnung erhält Unterstützung.

Schwarzach Erschossen, verbrannt, erwürgt, erstochen, erschlagen: In den vergangenen vier Monaten wurden neun Frauen ermordet, entweder von ihrem Lebensgefährten oder ihrem Ex. Ihre Geschichten zeigen die Spitze eines Eisbergs von Gewaltgeschichten, die keine Einzelfälle sind, sondern sich Tag für Tag hinter verschlossen Türen ereignen; zu Hause, dort wo sich Frauen eigentlich sicher fühlen sollten. Häusliche Gewalt ist allgegenwärtig, nur oft im Verborgenen.

Große Gefährdung

Allein in Vorarlberg sind 14 Frauen aktuell derart gefährdet, dass sie in einer Frauennotwohnung des Instituts für Sozialdienste (ifs) Schutz suchen müssen. Acht Plätze sind noch frei. Zeitweise geriet die Einrichtung aber an ihre Grenzen. Eine Außenwohnung musste dazugenommen werden.

Seit Beginn dieses Jahres sprach die Polizei in Vorarlberg durchschnittlich 1,5 Mal pro Tag ein Betretungsverbot gegen Gewalttäter aus, genaugenommen 170 Mal in 120 Tagen. Das sind um 20 Prozent mehr, als in den ersten vier Monaten des Vorjahres, erklärt Ulrike Furtenbach, Leiterin der ifs Gewaltschutzstelle. Wenn es soweit kommt, dass die Polizei ein Betretungsverbot aussprechen muss, droht die Situation in den eigenen vier Wänden zu eskalieren – oder sie ist längst eskaliert. Die Opfer häus­licher Gewalt sind in der Regel zu 90 Prozent weiblich. 95 Prozent der Gewalttäter sind Männer.

Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) äußert sich ob dieser Zahlen und der Frauenmorde zutiefst betroffen. Sie habe sich erst vergangene Woche mit der Leiterin der ifs Frauennotwohnung, Anja Natter, getroffen und ihr Unterstützung zugesagt. “Wir haben beschlossen, sehr kurzfristig die Personalressourcen im Bereich der Beratung und Begleitung mit einer halben Stelle aufzustocken”, erklärt Wiesflecker. “Was die räumliche Situation betrifft, schauen wir, dass wir im bestehenden Frauenhaus durch Optimierungen einen Akutplatz dazubekommen. Und wir wollen eine zusätzliche Außenwohnung dazu mieten.”

“Gewalt beginnt früher”

Die Landesrätin verweist auf die Kampagne des Fraueninformationszentrums femail, die das Thema Gewalt an Frauen vor den Vorhang holen soll. “Es braucht eine Sensibilisierung, dass Gewalt nicht nur stattfindet, wenn es in der höchsten Eskalationsstufe zu Mord kommt.” Sie beginne viel früher, nicht nur physisch, sondern bereits auch psychisch. Präventionsarbeit und frühzeitige Hilfsangebote seien zentral, um gegenzusteuern. Die Täterarbeit, die bei Betretungsverboten ab September für mindestens sechs Stunden verpflichtend wird, sei ein wichtiger Baustein dafür.

Ulrike Furtenbach erklärt, dass Vorarlberg bei der Beratungs- und Gewaltschutzarbeit in einer vergleichsweisen guten Lage sei: “Die Einrichtungen, die mit Tätern und Opfern zusammenarbeiten, befinden sich beim ifs unter einem Dach, fast wie eine Gemeinschaftspraxis. Wir können uns gut ergänzen.” So sei das Arbeitspensum gerade noch zu bewältigen.

Angebote für gewaltbetroffene Frauen

» Frauenhelpline 0800/222555

» Helpchat unter haltdergewalt.at

» ifs Frauennotwohnung 05/1755-577, frauennotwohnung@ifs.at

» ifs Gewaltschutzstelle 05/1755-535, gewaltschutzstelle@ifs.at

» ifs Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt 05/1755-536, frauenberatungsstelle@ifs.at

» ifs Kinderschutz 05/1755-505, kinderschutz@ifs.at

» ifs Gewaltberatung 05/1755-515, gewaltberatung@ifs.at

» Verein Amazone – Mädchenberatung 05574/45801, office@amazone.or.at