Kein Ende der Gewalt

Heftigste Auseinandersetzungen seit Jahren.
jerusalem Arabisch-Palästina, aber auch Israel sind erneut Schauplatz einer Auseinandersetzung, wie es sie so heftig seit dem Gazakrieg vom Sommer 2014 nicht mehr gegeben hat. Vor Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan erwies sich das Fest „Nacht des Schicksals“ (Lailat al-Kadr) als schicksalhaft für dieses Wiederaufflammen des israelisch-arabischen Konfliktes: Die Delogierung von Palästinenserfamilien in Ost-Jerusalem war der Funke, der dort blutige Unruhen und bald einen Raketenhagel aus dem Gazastreifen auf israelische Küstenstädte auslöste.
Israel zeigt sich dem doppelten Angriff militärisch gewachsen. Allerdings gelingt es diesmal mehr Hamas-Raketen als früher, den Abwehrschirm Kipat Barzel („Eisenkuppel“) zu durchschlagen. Die Opfer sind noch wenige, doch wächst der psychische Druck auf die israelischen Zivilisten. Militärische Beobachter befürchten, dass in Gazas Raketenschmieden iranische Experten am Werk sind, die Israels Abwehrpotenz austesten wollen.
Hamas und Islamischer Dschihad sind aber heute auch im Westjordanland stärker präsent denn je. Es ist Ismail Hanieh aus Gaza, der die Gewalt um die Moscheen auf dem Tempelberg mit ihren schon bald 1000 Verwundeten anheizt. Seine Hetze fällt auf fruchtbaren Boden: In Ost-Jerusalem kommt heute schon eine Viertelmillion jüdische Zuzügler auf 350.000 eingesessene Muslime und Christen. Genau das hat es so brisant gemacht, dass jetzt im Viertel Sheikh Jarrah weitere Palästinenser hinausgedrängt wurden.
Nach dem Plan des früheren US-Präsidenten Donald Trump, der zusätzliche Gebiete im Westjordanland an Israel übergeben will, wird auch vom „Zauderer“, seinem Nachfolger Joe Biden dort keine Wende erhofft. Die Westbank-Araber setzen nur mehr auf Hamas statt die eigene Autonomieverwaltung. Darum hat ihr Chef Mahmud Abbas die Wahlen verschoben, die seine PLO nur verlieren konnte. Auch die vielgepriesene Loyalität der arabischen Bürger Israels zeigt bedrohliche Risse. Das von ihnen mitbewohnte Lod bei Tel Aviv loderte am Mittwoch im Bürgerkrieg, Autos und sogar eine Synagoge wurden Opfer arabischer Volkswut.
Das in einer Stunde, da sich die Araberstaaten rundum zu einem türkisch orchestrierten Block gegen Israel zusammenschließen. Ankara söhnt sich nach längerer Feindschaft mit Ägypten und Saudi-Arabien aus. Die Stoßrichtung weist nach Jerusalem, für das der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan auch Russlands Präsidenten Wladimir Putin für eine gemeinsame Schutztruppe zu begeistern sucht.