Notwendige Klärungen
Die österreichische Innenpolitik lässt einen diese Tage fassungslos (© Heinz Mayer) und auch atemlos zurück. Da folgt plötzlich ein Rücktritt auf den anderen: FP-Chef Norbert Hofer brüskiert seine Partei, Verfassungsrichter und Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter versucht vor allem seinen eigenen Ruf zu retten, und jetzt geht mit sofortiger Wirkung ÖBAG-Chef Thomas Schmid ab, dem sein offenherziger Chatstil zum Verhängnis wurde. Da soll noch wer behaupten, Österreich besäße keine Rücktrittskultur. Es braucht nur ein wenig mehr Geduld und Druck, denn wirklich freiwillig erfolgte keiner der Abgänge. Einige der Genannten hatten sich eine längere Übergangsphase gewünscht, die ihnen entweder von ihren (Partei-)Kollegen oder vom Aufsichtsrat nicht gegönnt wurde.
Der Juni bleibt politisch spannend, wenn vielleicht auch nicht so spektakulär (mit Ausnahme der neuen Vorwürfe der WKStA gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen angeblichen Verrats der Hausdurchsuchung an den früheren Finanzminister Hartwig Löger). Denn es stehen Parteitage an, drei geplante und ein außertourlicher. Bereits diesen Sonntag eröffnen die Grünen mit ihrem Bundeskongress in Linz den Reigen. Werner Kogler steht seit 2018 als Bundessprecher unangefochten an der Spitze der Partei. Doch inhaltlich zeigen sich erste Risse, etwa bei der Gretchenfrage „Wie wollen wir es mit einem angeklagten Bundeskanzler halten?“. Die Antwort hat Kogler ja bisher verweigert, vielleicht erzwingt sie nun die grüne Basis.
Eine knappe Woche später treffen sich die Neos zu ihrer Mitgliederversammlung. Ebenfalls in Linz, denn die Oberösterreicher wählen im Herbst ihre Landes- und Gemeindepolitiker. Die Neos wollen auch hier der ÖVP etwas entgegenhalten. Was die Partei dafür tun kann, erfüllt sie: Sie steht geeint hinter ihrer Chefin Meinl-Reisinger, ist überproportional in den Medien vertreten und zeigt sich in Wien regierungstauglich. Viele Stimmen von den enttäuschten FPÖ-Wählern wird sie wohl trotzdem nicht gewinnen können.
Die FPÖ kürt offiziell am 19. Juni ihren neuen Chef Herbert Kickl. Einigkeit und scharfe Oppositionstöne bestimmen die neue strategische Ausrichtung. Ob beides auch in Oberösterreich gewünscht ist, wird sich an der Wahl des Austragungsortes zeigen. Der dortige Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner zweifelt ja noch, ob Kickl ihm wirklich Rückenwind verschafft.
Die SPÖ beendet am 26. Juni die Innenschau der Parteien lieber im sicheren Wien als im umkämpften Oberösterreich. Pamela Rendi-Wagner stellt sich ihrer ersten Wiederwahl und entfernt Kritiker aus dem verkleinerten Präsidium. Gegen einen Krawallkurs der Kickl-FPÖ fällt es leicht, eine glaubwürdige Koalitionsalternative zu sein. Doch intern braucht es einen gemeinsamen klaren Kurs – allem voran zum Thema Zuwanderung.
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