Autoritäre Kräfte auf dem Vormarsch

Die Welt hat sich im Laufe der Pandemie stark verändert.
Wien Einiges ist geschehen, während die Menschheit vom Kampf gegen das Coronavirus in Beschlag genommen war. Ungarn verbot öffentliche Darstellungen von Homosexualität. China schloss die letzte pro-demokratische Tageszeitung Hongkongs. Belarus entführte ein Passagierflugzeug, um einen Journalisten festzunehmen.
Die Gesundheitskrise hat staatlichen Stellen mehr Macht gegeben und für Milliarden Menschen das Leben eingeschränkt. Die riesigen Ressourcen aus Wirtschaft, Gesundheits- und Sozialwesen, die in die Bekämpfung der Pandemie geflossen seien, hätten dazu geführt, „dass der Staat zurück ist als Kraft zur Steuerung der Gesellschaft und zur Bereitstellung öffentlicher Güter“, sagt Wissenschaftler Luke Cooper von der London School of Economics.
Vielerorts wurden in der Corona-zeit Begrenzungen von Freiheitsrechten oder politischen Gegnern verschärft. In Ungarn verhängte die Regierung von Viktor Orban ein Notstandsgesetz, das es ihr ermöglicht, Beschlüsse ohne Zustimmung des Parlaments umzusetzen. Seit Juni verbietet sie faktisch Diskussionen über sexuelle Orientierung und Gender-Identität in Schulen und Medien.
Die konservative Regierung in Polen hat die Rechte von Frauen und homosexuellen Menschen beschnitten. Im vergangenen Jahr wurde ein fast vollständiges Abtreibungsverbot eingeführt.
In Indien ließ die Regierung von Premier Narendra Modi Journalisten festnehmen und wies Twitter an, Posts zu entfernen, in denen der staatliche Umgang mit der Coronakrise kritisiert wurde.
Die Regierung von Präsident Wladimir Putin in Russland nutzte die Pandemie als jüngsten Vorwand zur Festnahme von Oppositionellen.
Im benachbarten Belarus verlängerte der autoritäre Präsident Alexander Lukaschenko durch einen höchst umstrittenen Wahlsieg im August 2020 seine Herrschaft. Gegen die folgenden Proteste gingen die Behörden massiv vor. Im Mai zwangen sie ein Ryanair-Flugzeug zur Landung, um einen regierungskritischen Journalisten festzunehmen.
Und schon vor der Pandemie hatten extremistische Tendenzen weltweit zugenommen. Die globale Finanzkrise von 2008 hatte das Vertrauen in die westliche Weltordnung erschüttert. Vor allem China stärkte im Ausland die chinesische Wirtschaft und ging im Inland gegen Oppositionelle vor. Verschärft wurde auch die Kontrolle über Hongkong. Nach dem ersten Auftauchen des Coronavirus in Wuhan reagierten die Behörden mit drakonischen Lockdowns. Auch in Europa wurden Ausgangssperren und Reisebeschränkungen zum Alltag.
Wissenschaftler Cooper rechnet, dass die autoritäre Welle noch bleibt. „Das ist ein Kampf zwischen Demokratie und Autoritarismus, der Jahrzehnte dauern wird.“
„Das ist ein Kampf zwischen Demokratie und Autoritarismus, der Jahrzehnte dauern wird.“