Comeback der großen Diplomatie

Politik / 20.09.2021 • 22:28 Uhr
Es gibt Beschränkungen. Guterres war aber gegen eine Impfpflicht.AP
Es gibt Beschränkungen. Guterres war aber gegen eine Impfpflicht.AP

In New York treten über 80 Staats- und Regierungschefs zu Gesprächen zusammen. Die Pandemie wird allgegenwärtig sein.

Washington Es ist aufgrund der Coronabeschränkungen nicht das ganz große Comeback der internationalen Diplomatie, auf das die Vereinten Nationen gehofft hatten. Dennoch wird die 76. Generaldebatte der UN-Vollversammlung ab Dienstag wieder viele der weltweit mächtigsten Politiker nach New York bringen.

 

DEBATTE TROTZ PANDEMIE. Die Flure des UN-Hauptquartiers am East River werden nicht wie sonst zu Generaldebatten überquellen – New York und die UN haben die Größe der Delegationen stark limitiert. Die Stadt New York wollte eine Impfpflicht für den Gipfel durchsetzen, was UN-Generalsekretär António Guterres mit der Begründung zurückwies, er könne ungeimpften UN-Mitgliedern nicht den Zutritt verweigern. Stattdessen gilt das „Ehren-System“: Jeder, der das UN-Gebäude in New York betritt, bestätigt damit, in den vorherigen zehn Tagen nicht positiv auf das Virus getestet worden zu sein, keine Symptome und keinen Umgang mit Erkrankten gehabt zu haben.

 

DIE TEILNEHMER. Über 80 Staats- und Regierungschefs haben sich angekündigt, unter anderem US-Präsident Joe Biden und der britische Premier Boris Johnson. Deutschland wählte mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Überraschungslösung, denn normalerweise vertritt der Außenminister die Bundesrepublik. Aufgrund des Wahlkampfs entschied man sich aber für einen überparteilichen Weg. Für Österreich sind Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kanzler Sebastian Kurz und Außenminister Schallenberg (beide ÖVP) mit dabei. Abgesagt haben unter anderem Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin und Chinas Staatspräsident Xi Jinping nicht.

 

AFGHANISTAN, LIBYEN, KLIMa. Das Afghanistan-Desaster und die notwendige humanitäre Hilfe werden sicherheitspolitisch den größten Raum einnehmen. Außerdem könnte dem auf der Kippe stehenden politischen Prozess in Libyen ein weiterer Impuls gegeben werden. Auch der neue Außenminister Irans, Hussein Amirabdollahian, kommt – zu möglichen Treffen am Rande der Veranstaltung mit Blick auf die Atomverhandlungen schweigen sich die westlichen Staaten aber aus. Nicht auszuschließen ist, dass Frankreich und die USA angesichts ihres U-Boot-Streits das Gespräch miteinander suchen. Über die regionalen Krisen hinaus wird die Erderwärmung ein voraussichtlich überragendes Thema. Bereits am Montag luden Guterres und der britische Premier Johnson zu einer Diskussion hinter verschlossenen Türen, an der auch Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Amtskollege Kurz virtuell teilnehmen.

 

DER IMPF-GIPFEL. Biden plant für Mittwoch einen hochrangig besetzten, virtuellen Gipfel zur gerechteren internationalen Verteilung von Impfstoffen. Dabei soll es vor allem um konkrete Zusagen für die Bereitstellung von mehr Vakzinen für ärmere Länder gehen – in Afrika sind beispielsweise erst rund drei Prozent der Menschen geimpft. Ziel ist es, 70 Prozent der Weltbevölkerung bis Mitte nächsten Jahres geimpft zu haben.

 

MYANMAR UND AFGHANISTAN? Eine spannende Frage wird es sein, ob und von wem Afghanistan und Myanmar vertreten werden. Der afghanische UN-Botschafter Ghulam Isaczai wurde ernannt, bevor die Taliban die Macht an sich rissen. Auch Myanmars Vertreter Kyaw Moe Tun begann seine Arbeit vor dem Putsch in seinem Heimatland im Frühjahr. Nach seinen Verurteilungen des Militärs versuchte die Regierung Kyaw Moe Tun zu ersetzen. Bisher erfolglos – denn für die Ernennung eines neues Botschafters müssen die UN die Führung eines Landes als legitim anerkennen.