Kriegsgefahr in Osteuropa

Politik / 21.02.2022 • 23:19 Uhr
Prorussische Aktivisten feiern die Entscheidung.
Prorussische Aktivisten feiern die Entscheidung.

Putin ordnet Entsendung von Truppen in den Osten der Ukraine an.

Moskau Der russische Präsident Wladimir Putin hat die „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine als unabhängige Staaten anerkannt und die Entsendung von Truppen in die Ostukraine angeordnet. Die Einheiten sollen für Frieden sorgen. Der Kremlchef unterzeichnete am Montag ein entsprechendes Dekret, wie das Staatsfernsehen zeigte. Zugleich schloss er mit den Vertretern der beiden prorussischen Separatistenrepubliken einen Vertrag über „Freundschaft und Beistand“. Damit wird eine Stationierung russischer Soldaten dort möglich. Zudem wird der Konflikt weiter befeuert. Putin forderte die ukrainische Führung auf, sofort das Feuer in der Ostukraine einzustellen. Andernfalls werde Kiew die volle Verantwortung dafür tragen.

„Dekommunisierung“

Außerdem stellte Putin die Staatlichkeit der Ukraine als Ganzes infrage. Der Kremlchef bezeichnete die Ukraine als einen durch Russland unter dem kommunistischen Revolutionsführer Lenin geschaffenen Staat. Die Denkmäler Lenins seien dort zerstört worden als Zeichen der „Dekommunisierung“, so Putin mit Blick auf die Abschaffung der Überreste des Kommunismus. „Wir sind bereit, der Ukraine zu zeigen, was eine echte Dekommunisierung ist.“ Zudem warnte Putin in einer TV-Ansprache davor, dass in der Ukraine Atomwaffen hergestellt werden könnten. „Wir wissen, dass es bereits Berichte gab, die Ukraine wolle ihre eigenen Atomwaffen herstellen. Das ist keine leere Prahlerei. Die Ukraine verfügt tatsächlich immer noch über sowjetische Nukleartechnologien und Trägersysteme für solche Waffen.“

Im nationalen russischen Sicherheitsrat hieß es, weder die Ukraine noch der Westen brauche den Donbass. Russland sei klar, dass der Schritt angesichts der vom Westen angedrohten Sanktionen ernste Folgen haben werde, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew. Es gebe angesichts der Lage keine andere Möglichkeit, als die Gebiete anzuerkennen. Der Druck auf Russland werde beispiellos sein. „Aber wir wissen auch, auf welche Weise wir diesem Druck standhalten werden“, betonte Medwedew. Außenminister Sergej Lawrow beklagte in der Sitzung, dass Nationalisten in Kiew das Sagen hätten und die ukrainische Politik dort gegen alles Russische gerichtet sei. Es gebe keine Fortschritte bei der Lösung des Konflikts. „Ich sehe keine andere Möglichkeit.“ Mehrere Redner beklagten, dass der Friedensplan für die Ukraine nicht erfüllt werde von der Regierung in Kiew, sondern vielmehr als Druckmittel auf Moskau genutzt werde.

Minsker Vereinbarung

Die Ukraine hatte Russland vor einem solchen Schritt gewarnt. Sie sieht – wie auch der Westen –Luhansk und Donezk weiter als Teile ihres Staatsgebiets. „Im Falle der Anerkennung tritt Russland de facto und de jure aus den Minsker Vereinbarungen mit allen Begleiterscheinungen aus“, hatte Außenminister Dmytro Kuleba nach der Parlamentsentscheidung gesagt. Der unter deutsch-französischer Vermittlung 2015 vereinbarte Friedensplan von Minsk, der Hauptstadt von Belarus, sieht eine Wiedereingliederung der prorussischen Separatistengebiete in die Ukraine mit weitreichender Autonomie vor. Der Friedensplan wird derzeit nicht umgesetzt.

Putin am Montagabend bei der Unterzeichnung des Dekrets.

Putin am Montagabend bei der Unterzeichnung des Dekrets.

Ukrainische Soldaten patroullieren an der Front nahe Novognativka, Donezk. AFP
Ukrainische Soldaten patroullieren an der Front nahe Novognativka, Donezk. AFP