Weltenbrand und Symbolpolitik

Politik / 26.04.2022 • 22:33 Uhr

Die Finanzminister der 19 wirtschaftlich wichtigsten Staaten der Erde plus EU-Delegation reisten nach Washington. Um die weltwirtschaftschaftlichen Verwerfungen durch die Covid-Pandemie zu glätten, Hungersnöte und Armutsexplosionen zu verhindern, friedlich miteinander umzugehen und Wohlstand für Alle möglich zu machen. Was erwartungsgemäß dabei erreicht wurde, entwickelte sich, wie bei den meisten Konferenzen in den vergangenen 19 Jahren, als weitere „Außer Spesen nichts gewesen“-Veranstaltung. Und eine widerwärtig peinliche Veranstaltung noch dazu.

Schon vor Beginn der sündhaft teuren Reise auf Steuerzahlers Kosten hatten sich die Konferenzteilnehmer vorsorglich darauf geeinigt, sich nicht zu einigen und deshalb auf ein jubilierendes Abschlusskommuniqué zu verzichten. Denn wie sollte ein gemeinsames Vorgehen zur Lösung der drängenden Probleme auch aussehen, wenn ein Staat, Russland mit seinem Möchtegern-Napoleon Wladimir Putin, gerade dabei ist, die Welt mit einem grausamen Völkermord-Krieg in der Ukraine und Atomkriegs-Spintisierungen noch weiter in den Abgrund zu reißen? Und der zur Konferenzbegrüßung die neue „Satan 2“-Interkontinentale-Rakete für atomare Sprengköpfe testen ließ.

Die westlichen Konferenz-Reisenden gestatteten sich zu alledem lange Diskussionen, wie sie mit dem russischen Mordegomanen und seinen Vasallen umgehen sollten: Ihnen mächtig den Marsch blasen (was der Moskauer Plattmach-Azubi mit Sicherheit ignorieren würde), oder Russland aus dem jährlich tagenden Konferenzclub werfen (wogegen regierungsamtliche Putin-Freunde wie Indien und Brasilien „Widerstand“ signalisierten)?

Als Alternative zur erforderlichen Konfrontation praktizierten einige Minister, wie aus den USA, Kanada, die Symbolpolitik des leeren Stuhls: Sobald ein russischer Delegierter den Mund aufmachte oder per Video aus dem Moskauer Kriegshauptquartier zugeschaltet wurde, verließen sie Kritik murmelnd den Sitzungssaal. Derweil ließ Weltbank-Präsident David Malpass an die Konferenzteilnehmer eine apokalyptische Warnung verbreiten: Durch den russischen Invasionskrieg in der Ukraine würden die Preise für Nahrungsmittel weltweit um 37 Prozent steigen. Mehrere Hundert Millionen Menschen in den armen Ländern der Welt, die eine Pandemie gerade noch überlebt hätten, seien dadurch vom Hungertod bedroht.

Deshalb nur als Frage an die immer noch Putin-Versteher der Welt und die Konferenztouristen in Washington: Fällt euch nichts Besseres als Phrasen-Dreschen ein? Um Antwort wird vor dem G20-Treffen der Staats- und Regierungschefs im November im indonesischen Bali gebeten.

„Als Alternative zur erforderlichen Konfrontation praktizierten einige Minister, wie aus den USA, Kanada, die Symbolpolitik des leeren Stuhls.“

Peter W. Schroeder

berichtet aus Washington, redaktion@vn.at