Geschlossene Häfen

Politik / 27.05.2022 • 22:44 Uhr
Ukrainisches Korn ist vor allem für südliche Länder kaum ersetzbar. Reuters
Ukrainisches Korn ist vor allem für südliche Länder kaum ersetzbar. Reuters

Internationale Ernährungskrise durch Ukraine-Krieg droht.

Kiew, Moskau, Rom, Wien Die Ukraine gilt als die Kornkammer Europas. Weil das Getreide aktuell nicht exportiert werden kann, stehen vor allem ärmere Importländer etwa in Afrika vor einer großen Lebensmittelkrise. Putin hatte am Donnerstag mit Italiens Regierungschef Mario Draghi telefoniert und dabei gefordert, dass der Westen seine Sanktionen gegen Russland aufhebe. Dann sei Moskau auch bereit, Schiffe mit Getreide und Dünger aus den Häfen am Schwarzen Meer wieder passieren zu lassen. Hinzu kommt, dass die Ukraine viele Häfen vermint hat, um russische Landungen zu verhindern.

Am Freitag telefonierte Draghi mit Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj. Bei dem Telefonat scheint es aber keine größeren Schritte in Richtung einer Lösung gegeben zu haben. Gleichzeitig deponierte Putin seine Forderung nach Aufhebung der Sanktionen im Gegenzug zur Ermöglichung der Getreideexporte aus der Ukraine auch bei Bundeskanzler Karl Nehammer. Der russische Präsident habe „seine Kriegslogik“. Ihm zufolge sei der Westen selbst verantwortlich, wenn sich der Krieg in der Ukraine verlängere, so Nehammer. „Putin neigt dazu, das aufzurechnen“. Er erkenne aber auch die Dramatik der Situation, auch Russland suche weltweit Verbündete. Nehammer erkannte daher „Signale“ hin zu einer Lösung.

Donbass vor Eroberung

Prorussische Separatisten haben nach eigenen Angaben die Stadt Lyman im Osten der Ukraine eingenommen. Man habe die volle Kontrolle über 220 Siedlungen erreicht, darunter Lyman, erklärte das Militär der selbst ernannten Volksrepublik Donezk am Freitag. Die Stadt ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Olexij Arestowytsch, gestand den Verlust Lymans ein. Es gebe aber noch Kämpfer in der Stadt.

Lyman hatte vor dem Krieg mehr als 20.000 Einwohner. Die Stadt liegt westlich der zwei strategisch wichtigen Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im Donbass, dem industriellen Kernland der Ukraine. Auf die beiden Großstädte konzentrierten sich die Kämpfe am Freitag, als russische Streitkräfte versuchten, ihre Offensive weiter voranzutreiben. Sie sind die letzten Gebiete unter ukrainischer Kontrolle in der Region Luhansk, die zusammen mit der Region Donezk, in der Lyman liegt, den Donbass bildet. Vor dem Hintergrund russischer Erfolge bei der Offensive erneuerte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba seine Forderung nach weiteren und schwereren Waffen aus dem Westen.