Peter Schröder

Kommentar

Peter Schröder

Kriegsmüdigkeit

Politik / 30.05.2022 • 09:30 Uhr

Viele Menschen in aller Welt haben derzeit “die Nase gestrichen voll”. Nur beispielsweise von all den Meldungen über Inflation, der Corona-Pandemie mit Maskenpflicht und Querdenkerei, amerikanischen Schul-Massakern, oder dem Krieg in der Ukraine mit all seinen Folgen.

Letzteres ist ausgeprägt beim Weltwirtschaftsforum in Davos, dem Schaulauf-Treffen der Mächtigen und Einflussreichen aus Politik, Wirtschaft, Militär und Kultur zu besichtigen: Vor malerischer Bergkulisse erklingt einerseits und erwartungsgemäß das Hohelied vom Streben nach Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit. Wie in all den Davos-Tagen zuvor. Aber diesmal sind auch Misstöne von “Jetzt reichts aber”, von “Kriegsmüdigkeit” und vom “Schlussstrich ziehen” zu vernehmen.

So wie vom amerikanischen Ober-Staatsmann Henry Kissinger mit dem Verlangen, die von Putins Mordhorden überfallene Ukraine solle doch einfach eine weitere Teilannektierung (wie schon bei der Krim) hinnehmen, also kapitulieren. Um damit den schließlich der ganzen Welt schadenden Krieg zumindest für eine Zeit pausieren zu lassen. Und nicht nur US-amerikanische Konzernchefs und Investoren stuften weiteres ukrainisches Gegenstemmen und unterstützende Hilfsmilliarden und Waffenlieferungen des Westens als “wirtschaftsschädlich” und “wohlstandsgefährdend” ein.

Was wäre der Preis fürs Kapitulieren der Ukraine und fürs Siegenlassen eines kriegsverbrecherischen Wahnsinnigen in Moskau?

Worauf Alexander Stubb, früherer Premierminister Finnlands, zu recht vor einer verhängnisvollen Talfahrt von Sympathie und Unterstützung zur Kriegsmüdigkeit warnte. Denn was wäre der Preis fürs Kapitulieren der Ukraine und fürs Siegen-lassen eines kriegsverbrecherischen Wahnsinnigen in Moskau? Die Ermunterung zu weiteren Raubzügen? Und welches Recht hätte der Westen, für die Verbesserung westlicher Konzernbilanzen von der Ukraine das Akzeptieren eines Völkermordes zu verlangen? Und wie ist es um das Eintreten für universale Freiheits- und Menschenrechte bestellt?

Zudem gibt es für die Sache mit dem “Schlussstrich ziehen” und dem “Schwamm drüber” ja auch keine Erfolgsgarantie. Weder beim Krieg-machen, noch beim Krieg-erdulden. Die in Davos vertretene Mehrheitsmeinung folgte denn glücklicherweise auch eher einem “Im Zweifel für die Freiheit”. Mit gemeinsamen Anstrengungen für Wiederherstellung und Sicherung der Freiheit und der territorialen Sicherung der Ukraine. Nur “die Nase voll” zu haben und “kriegsmüde” zu sein, ist eben keine Lösung. Wie Deutschlands Kanzler Olaf Scholz verkündete: “Putin darf den Krieg nicht gewinnen”.