Viele Asylwerber bleiben nicht in Österreich

16.000 Asylanträge gab es allein in den ersten vier Monaten 2022 in Österreich. Doch längst nicht alle bleiben im Land.
St. Gallen, Wien Die Zahl der Asylanträge in Österreich steigt wieder in ungewohnte Höhen. Monatlich über 3000 Anträge, 16.000 allein zwischen Jänner und Mai verzeichnet das Innenministerium. Damit suchten heuer bereits mehr Menschen um Asyl an als 2020, Ukrainer nicht einmal mitgerechnet. Die Zahl führt dennoch etwas in die Irre.
Viele Afghanen bleiben nicht
Denn auch Großbritannien verzeichnet Rekordwerte bei der Einwanderung. Bereits über 10.000 Menschen versuchten illegal den Ärmelkanal zu überqueren. Den Zug nach Westen spürt man wortwörtlich am Alpenrhein: Die Schweizer Zöllner ziehen täglich dutzende Migranten aus dem Nachtzug aus Wien. Vor allem Afghanen, aber auch Menschen aus dem Maghreb zieht es nach Frankreich, beinahe jeder Zweite ist minderjährig. Das Gros von ihnen hat gültige Papiere für Österreich, sprich ein laufendes Asylverfahren in Österreich.
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Dies spiegelt sich in der Asylstatistik des Innenministeriums wider. Von 4890 heuer getroffenen Asylentscheidungen bezüglich Afghanen waren 15 Prozent positiv – und 54 Prozent “sonstige Entscheidungen”. Dies sind Aussetzungen, also Pausierungen von Verfahren, die seltenen Zurückziehungen von Asylanträge und Einstellungen, da sich der Asylwerber dem Verfahren durch Verschwinden entzieht. Wie viele tatsächlich eingestellt wurden, da die afghanischen Asylwerber nicht mehr aufgreifbar waren, ist nicht erfahrbar.
Tausende reisten weiter
Verschwinden bedeutet gerade bei Afghanen meist die Weiterreise nach Frankreich. In St. Gallen reagierte man im Herbst mit einem Provisorischen Bearbeitungszentrum (POB) auf den Ansturm. Allein 1314 Flüchtlinge, davon über 1000 Afghanen, wurden im Dezember aufgegriffen. Eine Rückführung nach Österreich war aber trotz Schaffung des POB meist nicht möglich, die Weiterreise nach Frankreich nicht zu unterbinden. Mit Beginn des Ukrainekriegs wurde das POB wieder aufgelassen, die Grenzwache nimmt nun bei der Einreise die Daten der illegalen Migranten auf.
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Über den Winter ging die Zahl der illegalen Einreisen aus Österreich in die Schweiz leicht zurück, fiel aber selten unter 200 Menschen pro Woche. In den vergangenen Wochen stieg die Zahl auf durchschnittlich auf bis 53 Aufgriffe pro Tag, erklärt die Kantonspolizei St. Gallen. Somit reisten seit 1. Jänner mindestens 5489 Flüchtlinge von Österreich durch die Schweiz nach Frankreich. Davon stellten nur 148 Personen einen Asylantrag in der Eidgenossenschaft.
Nordafrika löst Afghanistan ab
Einen Trend beobachten dabei sowohl die Schweiz wie auch Österreich: Der Maghreb, sprich das französischsprachige Nordafrika, wird in der Statistik immer präsenter. 1520 Menschen aus Tunesien allein suchten in Österreich 2022 um Asyl an. Und auch die Schweizer Grenzwacht greift immer mehr Nordafrikaner auf. Es gibt Tage, an denen die Afghanen nicht die Mehrheit der illegalen Grenzübertritte ausmachen, erklärt die Kantonspolizei St. Gallen. Bleiben wollen weder Afghanen noch Tunesier. “Beide Gruppen haben keinerlei Interesse an einer Asylgesuchstellung in der Schweiz, sondern wollen das Land möglichst rasch in Richtung Westen transitieren”, bestätigt das eidgenössische Staatssekretariat für Migration SEM den VN.
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