Mangelware Gas

Deutschland aktiviert Alarmstufe. Österreich plant diesen Schritt zumindest derzeit noch nicht.
berlin, schwarzach Die deutsche Regierung ruft die Alarmstufe im dortigen Notfallplan Gas aus. Als Gründe führt sie die reduzierten Lieferungen aus Russland und die anhaltend hohen Preise an. Wirtschaftsminister Robert Habeck zufolge ist die Versorgungssicherheit im Nachbarland zwar noch gewährleistet. Die Lage sei aber ernst. „Die Drosselung der Gaslieferungen ist ein ökonomischer Angriff auf uns.“ Beim Gas handle es sich von nun an um ein knappes Gut. Die Preise seien hoch, man müsse sich auf weitere Anstiege gefasst machen. Österreich plant diesen Schritt noch nicht.
Zweite Stufe
Die deutschen Speicher sind derzeit zu 58 Prozent gefüllt. Das entspricht etwas mehr als einem Achtel des jährlichen Gasverbrauchs in der Bundesrepublik. „Doch sollten die russischen Gaslieferungen über die Nord-Stream-1-Leitung weiterhin auf dem niedrigen Niveau von 40 Prozent verharren, ist ein Speicherstand von 90 Prozent bis Dezember kaum mehr ohne zusätzliche Maßnahmen erreichbar“, hieß es aus Habecks Ministerium. Dem deutschen Wirtschaftsminister zufolge ist nun oberste Priorität, die Gasspeicher zu füllen. Alternative Anbieter würden gesucht und erneuerbare Energien ausgebaut. Zudem müsse mehr Gas eingespart werden. Bei der Alarmstufe handelt es sich um die zweite von drei Stufen im deutschen Notfallplan.
„Engmaschig überwacht“
Hierzulande gilt vorerst weiterhin die Frühwarnstufe im ebenfalls dreistufigen Plan. „Die Lage wird engmaschig überwacht und stündlich neu bewertet“, teilte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) mit. Gaslieferungen und der Speicheraufbau seien entscheidend. Sollte letzteres gefährdet sein, müssten Maßnahmen ergriffen werden. Der Speicherstand beträgt Gewessler zufolge 42,7 Prozent, die Versorgung sei heute sichergestellt. 42,7 Prozent bedeutet, dass in etwa 42,7 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs in Österreich abgedeckt sind.
Die mögliche Gasknappheit war am Donnerstag auch Thema bei Vorarlberg LIVE. Dabei nahm der zuständige Landesrat Daniel Zadra (Grüne) Stellung zur aktuellen Situation. Die Lage sei ernst, sagte Zadra eingangs. Es stelle sich aber auch die Frage, wie es dazu gekommen sei. „Wir sind nicht auf einer Insel der Seligen. Auf europäischem Boden sterben heute junge Männer, Frauen, Kinder. Sie sterben, weil sie sich auflehnen, weil sie sich einsetzen für europäische Werte.“ Das Leiden unter hohen Energiepreisen dürfe nicht auf die gleiche Stufe gestellt werden. Gleichzeitig verwies Zadra darauf, dass Österreich bekanntlich zu 80 Prozent von russischen Gaslieferungen abhängig sei. „Und das ist nicht irgendwie von sich aus passiert, das waren gezielte politische Entscheidungen.“ Die Grünen hätten frühzeitig davor gewarnt und etwa im Wahlkampf 2006 „Pellets statt Putin“ – unter Anspielung auf den Kremlchef – gefordert.
Besonderheit in Vorarlberg
Was die Gasversorgung angeht, sprach Zadra die Vorarlberger Besonderheit an, dass sowohl die Lage Österreich, als auch in Deutschland beachtet werden müssten. Vorarlberg und Tirol hängen am deutschen Netz. In Österreich werde eine strategische Gasreserve gebildet, diese sei kontinuierlich im Aufbau, erläuterte der Landesrat. Er verwies darauf, dass sich Vorarlberg über illwerke vkw beim Erdgasspeicher 7Fields Kapazitäten gesichert habe, die sich über das deutsche Netz abrufen ließen. Zadra unterstrich: „Es ist eine sehr ernste Situation. Putin verwendet Gas als strategische Waffe.“ Noch befinde sich Österreich in der Frühwarnphase des dreistufigen Plans. „Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet.“
„Es ist eine sehr ernste Situation. Putin verwendet Gas als strategische Waffe.“
