Kriegsverbrechen wie nie zuvor?
Seit sechs Monaten tobt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Und jetzt sehen sich UNO-Generalsekretär Guterres und viele westliche Regierungen gezwungen, vor einer nuklearen Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes warnen zu müssen. Denn bestimmt nicht ohne Zustimmung von Kreml-Chef Wladimir Putin griff die russische Armee in der Ukraine Europas größtes Kernkraftwerk in Saporischschja an, beschädigte es schwer, und richtete in der Anlage ein Militärlager mit schweren Waffen ein.
Noch hat es keine Kernschmelzen in den sechs Reaktoren der Anlage gegeben. Und noch wabern nicht wie 1986 beim Unfall im wesentlich kleineren AKW Tschernobyl Tod und Verderben bringende radioaktive Wolken über vielen Ländern der Erde. Aber das eigentlich undenkbar sein sollende kann eintreten, und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, kann niemand voraussagen. Sicher ist nur, dass die Strategie Putins das Potential hat, zu einem Kriegsverbrechen wie nie zuvor zu werden.
Denn ein Kernkraftwerk zum Kriegsziel zu machen, oder auch nur zur Zielscheibe „gegnerischer“ Angriffe, ist unvorstellbar verbrecherisch. Mit seinem Vorgehen entlarvt der Kreml-Herrscher zudem selbst seine „Kriegsbegründung“, dass die Ukraine mit der russischen „besonderen Militäroperation“ von der derzeitigen (und nur von einem kranken Hirn zu lokalisierenden) „Nazi-Herrschaft“ „befreit“ werden solle.
Beschießung und Besetzung von Saporischschja stehen in einer Reihe vorheriger Aktionen von Putins Soldaten: Die Welt hat die Bilder der von seiner Armee mit Granaten und Raketen zerschossen Krankenhäuser gesehen, inklusive verpixelter Fotos von Männer-, Frauen- und Kinderleichen als „Kollateralschäden“. Auch die von kaltblütigen Ermordungen von Zivilisten und kriegsgefangenen ukrainischen Soldaten. Und wer es ertrug, konnte die Schilderungen und Schreie von vergewaltigten Frauen und Kindern hören.
Nach all dem ist es für Putin vielleicht kein großer Schritt mehr, auch ein nukleares Inferno zu entfesseln. Die laufenden Bemühungen westlicher Politiker, dies vielleicht im letzten Augenblick zu verhindern, gibt Anlass zur Hoffnung. Zur Gefahrenabwehr gehört auch die jüngste Entscheidung der Regierung von US-Präsident Biden, die Ukraine noch einmal mit einer großen Waffenlieferung im Wert von rund 800 Millionen Euro zu unterstützen: Zur Befreiung eines Landes von mörderischen falschen Befreiern. Und zur Abwehr einer nuklearen Katastrophe für die Welt.
„Noch hat es keine Kernschmelzen in den sechs Reaktoren der Anlage gegeben.“
Peter W. Schroeder
berichtet aus Washington, redaktion@vn.at