Hunderte Gräber entdeckt

Politik / 16.09.2022 • 22:33 Uhr
Derzeit werden die entdeckten Gräber untersucht. An einigen Leichen wurden Folterspuren festgestellt.AFP
Derzeit werden die entdeckten Gräber untersucht. An einigen Leichen wurden Folterspuren festgestellt.AFP

Nicht wie Butscha, aber Folterspuren: Gräberfund in der befreiten Kleinstadt Isjum.

Isjum In der befreiten ostukrainischen Kleinstadt Isjum sind mehr als 400 Leichen gefunden worden – um ein Massengrab handelt es sich nach ersten ukrainischen Untersuchungen aber nicht. Die Menschen seien den Erkenntnissen zufolge gestorben, als Russland die Stadt Ende März heftig beschossen habe, sagte der ukrainische Vermisstenbeauftragte Oleh Kotenko dem TV-Sender Nastojaschtschee Wremja in der Nacht zu Freitag. Die Bestattungsdienste hätten zum Teil nicht gewusst, wer die vielen toten Menschen seien. Deshalb stünden auf einigen Kreuzen nur Nummern. Derzeit bemühten sich die Behörden, ein Register mit den Fundorten der Leichen zu finden.

„Folterspuren an Leichen“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach nach ersten Exhumierungen allerdings von Folterspuren an Leichen, ohne Details zu nennen. „Das muss die ganze Welt sehen“ schrieb er. Der Präsident teilte dazu Fotos der Arbeiten an einer Gräberstätte in einem Waldstück bei Isjum. Dem Internetsender Hromadske zufolge waren bei 3 von 40 exhumierten Leichen die Hände gefesselt.

„Ich möchte das nicht Butscha nennen – hier wurden die Menschen, sagen wir mal, zivilisierter beigesetzt“, sagte der Vermisstenbeauftragte Kotenko.

Eine Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros in Genf nannte die Leichenfunde schockierend. Die Todesursache jedes einzelnen Verstorbenen müsse untersucht werden. Die Suche nach weiteren Toten in den zurückeroberten Gebieten wird ukrainischen Angaben zufolge derweil durch Minen erschwert. Kotenko sagte, man mache aber weiter, um die Körper Gefallener an ihre Familien zu übergeben.

Ende März waren in dem Kiewer Vorort Butscha nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte getötete Zivilisten teils mit Folterspuren gefunden worden. Butscha gilt seitdem als Symbol für schwerste Kriegsverbrechen im russischen Angriffskrieg, der am 24. Februar begann. Isjum im Gebiet Charkiw war Ende März von den russischen Truppen erobert worden – in der vergangenen Woche befreite die ukrainische Armee die Stadt.