Moskaus “Spiel mit dem Hunger”

Politik / 30.10.2022 • 22:20 Uhr
Ukrainische Getreideschiffe wie dieses werden - zumindest in naher Zukunft - nicht mehr das Schwarze Meer passieren können.AFP
Ukrainische Getreideschiffe wie dieses werden – zumindest in naher Zukunft – nicht mehr das Schwarze Meer passieren können.AFP

Abkommen gestoppt: Schiffe mit ukrainischem Getreide können das Schwarze Meer nicht mehr passieren.

Kiew, Moskau Moskau hat seine Drohungen wahr gemacht und das internationale Abkommen über den Export von ukrainischem Getreide – wichtig für den Kampf gegen den Hunger in vielen Ländern – gestoppt. Die Ukraine wirft Kremlchef Wladimir Putin deshalb ein „Spiel mit dem Hunger“ vor. Am Sonntag fuhr erstmals seit der Wiederaufnahme der Transporte im August kein Schiff mehr. Russland begründet die Aussetzung mit „Terroranschlägen“ der Ukraine im Schwarzen Meer. Kiew hält das für einen Vorwand.

 

Warum ist das Getreideabkommen so wichtig? Die Ukraine gehört zu den wichtigsten Exporteuren von Getreide, darunter Weizen und Mais. Der Einfluss einer Blockade auf die Lebensmittelmärkte ist groß. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat das Abkommen „eindeutig positiven Einfluss auf den Zugang zu Lebensmitteln für Millionen Menschen weltweit“. Als es im Sommer unter Vermittlung der UNO und der Türkei geschlossen wurde, sanken auch die Preise. Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar konnten drei ukrainische Schwarzmeer-Häfen wieder den Export abwickeln.

Nicht nur für die Ernährung in vielen Ländern ist dies von Bedeutung – auch für den Haushalt der vom Krieg finanziell geschwächten Ukraine. Aus den Milliardeneinnahmen sollten letztlich auch die ukrainischen Bauern wieder eine neue Saat ausbringen können.

 

Wieso ist Russland jetzt ausgestiegen? Offiziell wirft Moskau der Ukraine „Terroranschläge“ im Schwarzen Meer vor. Dies mache es unmöglich, eine sichere Passage der Schiffe zu gewährleisten. Als konkreter Anlass diente am Samstag eine Reihe von Drohnenangriffen auf den Stützpunkt der Schwarzmeerflotte in Sewastopol, auf der schon 2014 annektierten Halbinsel Krim. Dabei seien auch ein Minenräumschiff sowie militärische Infrastruktur beschädigt worden.

Die Ukraine sieht das nur als Vorwand für schon ältere Pläne Russlands, das zunächst bis Mitte November geschlossene Abkommen jetzt schon platzen zu lassen. Russland will ebenfalls Millionen Tonnen sowie Düngemittel auf dem Weltmarkt verkaufen. Weil das wegen der Sanktionen aber fast verunmöglicht wird, verlangt der Kreml von den UN, für eine Lockerung auf den Westen Einfluss zu nehmen.

 

Was bedeutet das für den Getreideexport und die Welternährung? Expertinnen und Experten sehen die Gefahr, dass sich die Lage auf den Weltmärkten wieder verschärft und die Lebensmittelpreise weiter steigen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warf Moskau ein „Spiel mit dem Hunger“ vor. Er forderte den Rest der Welt auf, Russland dazu zu bringen, seine Verpflichtungen zu erfüllen.