„Mein Sohn ist Offizier an der Front“ – Ukrainer in Vorarlberg erzählen

VN / 28.08.2025 • 07:30 Uhr
„Mein Sohn ist Offizier an der Front“ – Ukrainer in Vorarlberg erzählen
Svitlana Korsun (l.), Oleg Zaiats (r.o.) und Nataliia Storozhyk (r.u.) geben einen Einblick in die Situation ihrer Familien in der Ukraine. Andrii Savinov; privat; VN/Grundner

Drei Betroffene berichten von ihren Angehörigen in der Heimat und wie sie mögliche Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland einschätzen.

Darum geht’s:

  • Oleg Zaiats’ Familie berichtet von täglichen Raketenangriffen in Kiew.
  • Nataliia Storozhyks Sohn dient als Offizier an der Front.
  • Der Bruder von Svitlana Korsun wird seit vergangenem Jahr vermisst.

Von Katja Grundner

Schwarzach Viele Ukrainer in Vorarlberg sorgen sich um ihr Land und dessen Menschen. Drei von ihnen berichten den VN von ihren Familien, die in ihrem Heimatland zurückgeblieben sind. Außerdem äußern sie ihre Meinung zu den möglichen Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland.

Nutzen die Bunker nicht mehr

Oleg Zaiats lebt in Hard und kam vor neun Jahren aufgrund der Arbeit nach Vorarlberg. Seine Eltern und sein Bruder mit Frau und Kindern leben in Kiew. „Sie berichten von fast täglichen Raketen- und Drohnenangriffen. Meine Familie hat sich schon so daran gewöhnt, dass sie bei einem Alarm gar nicht mehr in die Bunker geht“, erzählt der 40-Jährige. Das Leben ist geprägt von Ungewissheit, aber es läuft weiter. Die Schule beginnt nächste Woche, am 1. September. „Dort gibt es klare Bunkerregelungen, die natürlich eingehalten werden.“

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Oleg Zaiats geht nicht davon aus, dass es zu einem Treffen zwischen Putin und Selenskyj kommt. VN/Grundner

Zaiats ist der Meinung, dass ein Gespräch zwischen Kremlchef Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht stattfinden werde. „Das ist bloß eine Verzögerungstaktik. Putin will keinen Frieden, er will so viel wie möglich von unserem Land erobern.“ Er habe sich mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump nur getroffen, um politisch wieder legitim zu sein.

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Der Ukrainische Verein in Vorarlberg organisierte am Sonntag in Bregenz eine Veranstaltung zum ukrainischen Unabhängigkeitstag, an der auch Oleg Zaiats teilgenommen hat. Andrii Savinov

Der Sohn an der Front

Besonders emotional ist der Krieg für Nataliia Storozhyk. Ihr Sohn dient als Offizier an der Front. Manchmal meldet er sich mit kurzen Handynachrichten. „Er erzählt nicht viel und sagt immer: ‚Es ist alles gut, mach dir keine Sorgen‘“, teilt die 62-Jährige mit. Auch ihr bereits verstorbener Mann war vierzig Jahre lang Offizier. Es ist ein Leben in ständiger Sorge, selbst wenn ihr Sohn sie davor bewahren möchte. Vor drei Jahren flüchtete sie aus Kiew und wohnt nun in Feldkirch. Ihre Tochter lebt und arbeitet ebenfalls in Vorarlberg.  

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Nataliia Storozhyk betet jeden Tag für Frieden. privat

Von den Verhandlungen der Präsidenten erhofft sich Storozhyk vor allem die Rückkehr aller entführten Kinder, Kriegsgefangenen und zivilen Gefangenen. „Unser Ziel ist und bleibt die Rückgabe aller unserer Territorien. Aber solange Russland in seiner heutigen Form existiert, wird es immer wieder versuchen, die Ukraine zu erobern und unser Volk zu vernichten“, ist sie sich sicher. Deshalb sei es entscheidend, dass Europa klar Position bezieht und langfristig an der Seite der Ukraine steht.

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Im Ungewissen

Svitlana Korsun trat ebenfalls vor drei Jahren mit ihrer Tochter die Flucht von Kiew an und wohnt nun in Satteins. Ihr Bruder ist Soldat und wird seit 2024 vermisst. Seine Familie hofft seither vergeblich auf ein Lebenszeichen. „Es ist emotional sehr schwer für alle. Meine Schwägerin und Mutter wohnen in der Ukraine und nehmen beide Antidepressiva. Viele meiner Bekannten von dort sind auf Medikamente angewiesen und wissen nicht, ob manche Familienmitglieder noch am Leben sind“, erzählt die 35-Jährige. Ihre Mutter wird aufgrund der Heimatverbundenheit trotz des Krieges in der Ukraine bleiben. Auch ihre Schwägerin denkt nicht an die Flucht: „Sie lehrt Psychologie an der Universität und fühlt sich moralisch verpflichtet, für die Studierenden da zu sein.“

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Svitlana Korsun glaubt, dass Putin sich nicht mit Teilen der Ukraine zufriedengeben würde. privat

Korsun denkt nicht, dass ein Gespräch zwischen Putin und Selenskyj zustande kommen wird, beziehungsweise, dass der russische Präsident den Krieg beenden will. „Auch wenn die Ukraine das jetzt besetzte Territorium aufgeben würde, wäre Putin nicht zufrieden. 2014 war es dasselbe mit der Krim. Er will die ganze Ukraine“, meint sie.

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Infobox

  • Seit dem kürzlich abgehaltenen Doppelgipfel durch US-Präsident Donald Trump – zunächst mit Kremlchef Wladimir Putin in Alaska und dann mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und den europäischen Verbündeten in Washington – stehen Friedensverhandlungen im Raum.
  • Als möglicher Treffpunkt nannte Selenskyj in dieser Woche die Türkei, die Golfstaaten und einige europäische Länder. Die russische Führung lehne allerdings Gespräche in Europa ab, da sie diese Staaten in dem Konflikt nicht als neutral betrachtet.
  • Generell bremst der Kreml aktuell direkte Verhandlungen zwischen Putin und Selenskyj aus, mit der Begründung, dass diese Gespräche zuvor auf niederer Ebene mit konkreten Vereinbarungen vorbereitet werden müssten.
  • Moskau fordert von Kiew, weiterhin auf das Ziel einer NATO-Mitgliedschaft zu verzichten und größere Gebiete für einen Frieden abzugeben. Die Ukraine lehnt das mit Verweis auf die eigene Verfassung ab. Dennoch demonstrieren beide Seiten nach außen hin eine Dialogbereitschaft. (dpa)

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(VN)