Verpflichtende gemeinnützige Arbeit für Asylwerbende: Kritik an ÖVP-Vorstoß

Politik / 05.01.2023 • 16:20 Uhr
Verpflichtende gemeinnützige Arbeit für Asylwerbende: Kritik an ÖVP-Vorstoß
VN, Canva

Freiwillige Projekte gibt es bereits in Vorarlberg. Grüne pochen auf einfacheren Zugang zum Jobmarkt.

Schwarzach Geht es nach der Vorarlberger ÖVP, sollen Asylwerberinnen und Asylwerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. Diese hätten Rechte und Pflichten, betonte Klubobmann Roland Frühstück. Während des Verfahrens würden sie entsprechend versorgt. Daher dürfe der Staat auch eine Gegenleistung verlangen.

Der Klubobmann der ÖVP, Roland Frühstück, will, dass Asylsuchende künftig verpflichtend zu gemeinnütziger Tätigkeit verpflichtet werden. Über ein Taschengeld ließe sich reden. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
Der Klubobmann der ÖVP, Roland Frühstück, will, dass Asylsuchende künftig verpflichtend zu gemeinnütziger Tätigkeit verpflichtet werden. Über ein Taschengeld ließe sich reden. VN/Hartinger

Der Koalitionspartner, die Grünen, sehen das anders. „Ich kann das nur als Einladung verstehen, dass die ÖVP über einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerbende sprechen will“, reagiert Klubobfrau Eva Hammerer auf den ÖVP-Vorstoß.

Schneeräumung und Wegeerhaltung

Frühstück zufolge gibt es gerade in den Gemeinden mehrere Tätigkeiten, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur schwierig allein bewältigen könnten. Ihm zufolge solle das Asylverfahren möglichst sinnvoll genützt werden. Erste Priorität habe der Spracherwerb. „Um diesen zu unterstützen, kann ich mir vorstellen, dass Asylwerber in einem klar definierten Ausmaß auch zu gemeinnützigen Arbeiten herangezogen werden.“ Dann würde auch die Akzeptanz der Bevölkerung steigen. Als Beispiele für gemeinnützige Tätigkeiten nannte der ÖVP-Politiker in einer Aussendung Wegeerhaltung, Schneeräumung oder Besorgungen und Botengänge für bedürftige Menschen. Zu den VN sagte Frühstück, er wolle eine Debatte anstoßen. In diesem Zusammenhang könne auch über ein Taschengeld diskutiert werden. Klar sei natürlich, dass es sich um keine Vollzeit-Arbeit, sondern eine Tätigkeit von etwa zehn bis 15 Stunden in der Woche handeln könne.

Eva Hammerer (Grüne) kritisiert den ÖVP-Vorstoß mit deutlichen Worten. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
Eva Hammerer (Grüne) kritisiert den ÖVP-Vorstoß mit deutlichen Worten. VN/Hartinger

Eva Hammerer von den Grünen äußert große Skepsis, was den Vorstoß von Frühstück angeht. „Was wir brauchen, sind schnellere Asylverfahren, kombiniert mit raschem Arbeitsmarktzugang.“ Dies nütze allen, die derzeit händeringend nach Arbeitskräften suchten. „Vom Tourismus über die Pflege bis zur PV-Industrie.“ Die Klubobfrau findet deutliche Worte: „Einerseits von Zwangsarbeit zu fantasieren, wo man genau weiß, dass sie rechtlich nicht möglich ist, und auf der anderen Seite Menschen vom Arbeitsmarkt auszuschließen, sind Stammtischparolen, die ich mir sonst eher aus dem rechten Eck erwarten würde.“ Sie lade den Koalitionspartner dazu ein, weiter den „Vorarlberger Weg des Miteinanders“ zu gehen. Auf diesen könne man nämlich stolz sein.

Freiwillig schon erlaubt

Schon jetzt ist es Asylwerbenden in Betreuungseinrichtungen grundsätzlich erlaubt, freiwillig interne Hilfstätigkeiten in den Unterkünften, etwa in der Reinigung oder im Küchenbetrieb, zu übernehmen. Außerdem können sie sich gemeinnützig für Bund, Länder und Gemeinden betätigen. Dafür steht den Asylwerbenden ein Anerkennungsbeitrag zu. Auf diese rechtlichen Rahmenbedingungen verweist das Büro von Asyllandesrat Christian Gantner (ÖVP) auf VN-Nachfrage.

Ein Leistungskatalog des Innenministeriums nennt unter anderem administrative Hilfsarbeiten, Übersetzen und Dolmetschen, Flur- und Straßenreinigung, Natur- und Artenschutz, die Betreuung von Seniorinnen und Senioren in Tageszentren, Wildtierpflege oder die Mitarbeit in städtischen Archiven.

Asyllandesrat Gantner verweist auf die aktuellen Möglichkeiten. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Asyllandesrat Gantner verweist auf die aktuellen Möglichkeiten. VN/Paulitsch

Die Vorarlberger Gemeinden haben seit 2017 die Möglichkeit, ein dem Gemeinwohl dienendes Sozialprojekt zu beschließen, und für gemeinnützige Hilfstätigkeiten Asylwerbende einzusetzen. Dafür können die Kommunen einen Dienstleister wie die Caritas beauftragen. Der Anerkennungsbeitrag liegt aktuell bei vier Euro pro Stunde (Maximalverdienst: 110 Euro pro Monat, die Zuverdienstgrenze). Bernd Klisch, er Leiter der Flüchtlingshilfe der Caritas nennt gesamt 56 Gemeinden, in denen solche Projekte in Zusammenarbeit mit seiner Organisation entstanden. Er gibt zu bedenken, dass die Pandemie zuletzt einen bremsenden Effekt hatte. Insgesamt nennt er für die vergangenen vier Jahre 122.215 Stunden, welche Asylwerbernde bei der Caritas intern und an gemeinnützigen Tätigkeiten für Gemeinden und Land geleistet hätten.