Kanzlerrede: Über Untergangsmythen im Autoland Österreich

Politik / 10.03.2023 • 18:10 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
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Reuters

Kanzler Nehammer skizzierte seine Visionen für 2030 und stichelte dabei vor allem in Richtung des grünen Koalitionspartners.

Wien Versprochen wurde eine Zukunftsrede, geworden sind es altbekannte Wahlkampfaussagen der Volkspartei. Am Freitag hielt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Wien seine eineinhalb Stunden lange “Rede zur Zukunft der Nation”. Die Schlagwortdichte war hoch: vom Erhalt der Neutralität und des Verbrennungsmotors im “Autoland schlechthin” über die Kürzung von Langzeitarbeitslosengeld und Sozialhilfe für Asylwerber bis hin zu Eigentum statt Mieten.

Nehammer übernahm erst Ende 2021 die ÖVP in einer schwierigen Situation. Seine Amtszeit war bislang von großen Krisen überschattet. Es gelang ihm noch nicht, sein Profil zu schärfen. Mit der groß inszenierten Rede im 35. Stockwerk eines Hochhauses am Wienerberg mit Blick über Wien und in Anwesenheit fast der gesamten ÖVP-Politprominenz gelang ihm das wieder nicht, attestierten zahlreiche Politikbeobachter.

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Düster und widersprüchlich

“Die Analyse war sehr düster. Wenn man eine Ansage für die Zukunft machen will, muss man auch mit positiven Bildern aufwarten”, sagt Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle im Gespräch mit den VN. Eine mittelfristige Weichenstellung, die man von dem Titel erwarten würde, sei er schuldig geblieben. Stattdessen gab es zahlreiche Tiefschläge gegen den Koalitionspartner, die Grünen, was Sozialhilfe, Klimaschutz, Arbeitslosenhilfe oder Asylpolitik betrifft. Zudem wurde das FPÖ-Wählerklientel adressiert. 

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Für Stainer-Hämmerle tat sich vor allem ein Widerspruch auf: “Zum einen betonte Nehammer, dass er die Gesellschaft wieder zusammenführen will. Zum anderen spielte er in seiner Rede mehrmals eine Gruppe gegen die andere aus: Radler gegen Autofahrer, Stadt gegen Land, Eigenheimbesitzer gegen Mieter, die deutschen gegen die österreichischen Medizinstudierenden.”

Was der Politologin fehlte, war ein Mindestmaß an Selbstkritik. „Was die ÖVP beigetragen hat, dass das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler verloren gegangen ist, ist mit keinem Wort vorgekommen.” Interessant sei auch, welche Themen nicht vorgekommen sind: “Zur Frauenpolitik verlor er kein Wort.”

Keine Selbstkritik

Dafür gab es Selbstlob. „Alle haben gesagt, es ist unmöglich, Gas außerhalb von Russland zu bekommen. Es ist uns gelungen, diese Herausforderung zu meistern”, so Nehammer. Zwar sind die Speicher aktuell zu 68 Prozent gefüllt. Die Abhängigkeit von Russland ist jedoch weiter hoch. Im Dezember kamen 71 Prozent der Gasimporte aus Russland.

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„Es gab einige Signale an die Grünen: Das Thema Gendern sei nicht wichtig, wir lassen uns das Autofahren nicht verbieten, der Erlass der Grunderwerbssteuer auf das erste Eigenheim”, sagt die Politologin. Daran scheiterte die Mietpreisbremse. 

Erstaunlich scharf waren die Aussagen zum Klimawandel. Österreich sei das Autoland schlechthin, meinte er mit Blick auf die Branche. Er werde sich gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren aussprechen. Er wolle die Sorgen der Jungen nicht kleinreden, aber man müsse mit Kreativität und Innovation gegen den Klimawandel vorgehen. Der Kanzler sprach in diesem Zusammenhang von “Untergangsmythen” und “Untergangsapokalypse”. Das könnte so auch in einer Rede von FPÖ-Chef Herbert Kickl vorkommen, konstatiert Stainer-Hämmerle.