Mehr als nur ein ­Freundschaftsbesuch

Politik / 19.03.2023 • 22:43 Uhr
Am Samstag reiste Putin (r.) auf die annektierte Halbinsel Krim.RPPO
Am Samstag reiste Putin (r.) auf die annektierte Halbinsel Krim.RPPO

Wladimir Putin empfängt Chinas Präsidenten Xi Jinping.

Moskau, Peking Vor seinem Treffen mit seinem Freund Xi Jinping zeigt sich Kremlchef Wladimir Putin demonstrativ gelassen am Steuer eines Autos in den besetzten Gebieten der Ukraine. Erstmals seit Kriegsbeginn besuchte Putin nicht nur die Schwarzmeer-Halbinsel Krim zum 9. Jahrestag der Annexion. Noch vor Ankunft von Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping zum dreitägigen Staatsbesuch ab heute, Montag, fuhr Putin durch die zerstörte und von russischen Truppen besetzte Hafenstadt Mariupol.

Der 70-Jährige ließ sich über den Wiederaufbau informieren. So aufgeladen mit Eindrücken seiner ersten Reise in das Kriegsgebiet trifft Putin bei Festbanketts und Verhandlungen auf Xi Jinping, der seine erste Auslandsreise seit Beginn seiner dritten Amtszeit dem Nachbarn Russland abstattet.

Nicht ganz isoliert

Für Putin, der am Freitag per Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine vom Internationalen Strafgericht in Den Haag zur Fahndung ausgeschrieben wurde, kommt der Zeitpunkt der seit Langem geplanten Visite gelegen. Durch den Besuch des mächtigen Freundes, der wie Russland die USA als Drahtzieher des Konflikts in der Ukraine sieht, will Putin einmal mehr zeigen, dass er international nicht isoliert ist.

China erkennt wie Russland die Gerichtsbarkeit in Den Haag nicht an. Das Thema Haftbefehl dürften Putin und Xi daher übergehen, nicht aber den Krieg in der Ukraine. Zwar hatte sich China zuletzt für Verhandlungen und Waffenstillstand ausgesprochen. Russland begrüßt auch friedensstiftende Initiativen. Klar ist aber auch, dass Moskau sich von seinen Kriegszielen nicht verabschiedet hat und einen militärischen Sieg erringen will. Heute ist laut Kreml ein Artikel Putins zur Ukraine in chinesischen Zeitungen geplant – als „wichtiges Signal“ vor den Verhandlungen. Xi Jinping wiederum habe einen Artikel für russische Medien vorbereitet, hieß es.

Offen bleibt jedoch, ob und wie Xi Jinping seinen Einfluss auf Putin zur Friedensvermittlung nutzen wird. Der 69-Jährige hatte auch vor atomaren Drohungen gewarnt. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hatte zudem Chinas führender Außenpolitiker Wang Yi einen 12-Punkte-Plan zur „politischen Lösung der Ukraine-Krise“ vorgestellt, der in Europa jedoch vor allem auf Enttäuschung stieß.

Mediale Einigkeit

Für Xi Jinping gilt der Besuch als ein Balanceakt. Der Haftbefehl des Weltstrafgerichts gegen Putin ist aus Sicht vieler Kommentatoren nicht zuletzt ein Signal an China, sich nicht mit einem mutmaßlichen Kriegsverbrecher einzulassen. Dagegen haben Chinas Staatsmedien ihr Urteil längst gefällt: Xi Jinpings Moskau-Besuch wird eine „Reise des Friedens, der Freundschaft und der Zusammenarbeit“.

Öffentliche Kritik an Wladimir Putin lässt sich im chinesischen Diskurs kaum vernehmen. Die unter staatlicher Kontrolle stehenden Medien haben bisher auch noch nicht über den Haftbefehl gegen den Kremlchef berichtet. Tatsächlich genießt Putin innerhalb der chinesischen Bevölkerung eine große Popularität.

Doch für Xi Jinping wird die Reise nach Moskau vor allem ein diplomatischer Drahtseilakt: Denn einerseits versucht die Staatsführung, China in Europa als neutrale Friedensnation zu präsentieren, die zwar gegen Sanktionen ist, aber sich trotzdem nach außen daran hält. Andererseits hat China den Krieg nie verurteilt. „Die chinesisch-russische Zusammenarbeit ist völlig korrekt und soll frei von Einmischungen oder Zwang durch Dritte sein“, schrieb Außenamtssprecherin Hua Chunying bei Twitter.

Xi Jinping und Putin gelten als Verbündete, als enge Freunde.AP
Xi Jinping und Putin gelten als Verbündete, als enge Freunde.AP