Kritik an russischem Vorsitz

Politik / 02.04.2023 • 22:25 Uhr
Die Kämpfe gehen weiter, während sich ein Batallion unter anderem um diesen leicht verwundeten Soldaten kümmert.
Die Kämpfe gehen weiter, während sich ein Batallion unter anderem um diesen leicht verwundeten Soldaten kümmert.

Russland übernimmt im April turnusmäßig den Vorsitz im Sicherheitsrat der UNO.

New York Begleitet von scharfer Kritik und eindringlichen Warnungen hat Russland am Samstag turnusmäßig für einen Monat den Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen übernommen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete den Vorgang als Beleg für den “Bankrott” internationaler Institutionen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte gestern, Sonntag, an, die EU werde den Sicherheitsrat vor “jeglichem Missbrauch” durch Russland schützen.

Der Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat rotiert monatlich, die 15 Mitgliedstaaten wechseln sich in alphabetischer Reihenfolge ab. Im April ist turnusgemäß Russland an der Reihe. Schon in der Vergangenheit hatte Kiew angezweifelt, dass Russland den ständigen Sitz im Sicherheitsrat als Nachfolger der Sowjetunion rechtmäßig übernommen hat. Neben Russland sind auch die USA, Großbritannien, Frankreich und China ständige Ratsmitglieder mit Veto-Recht.

Reform des Gremiums gefordert

In seiner allabendlichen Videobotschaft an das ukrainische Volk sagte Selenskyj, es sei “schwer, sich etwas vorzustellen, das (deutlicher) den völligen Bankrott solcher Institutionen beweist”. Es gebe “keine Form des Terrors, die Russland nicht schon ausgeübt hat”. Eine Reform der globalen Institutionen einschließlich des UNO-Sicherheitsrats sei “überfällig”, bekräftigte der ukrainische Präsident. “Terroristen müssen verlieren, müssen für den Terror verantwortlich gemacht werden und dürfen nirgends den Vorsitz führen.”

Klare Worte von mehreren Seiten

Zuvor hatte bereits der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba den russischen Vorsitz des UNO-Sicherheitsrats als “Schlag ins Gesicht der internationalen Gemeinschaft” bezeichnet. Zum Beginn des russischen Vorsitzes drängte Kuleba im Onlinedienst Twitter die Mitglieder des Sicherheitsrats, “jeden russischen Versuch zu vereiteln, seinen Vorsitz zu missbrauchen”.

Borrell versicherte, die EU werde sich “gegen jeglichen Missbrauch” des Sicherheitsrates durch Moskaus Vorsitz wehren. “Trotz ständiger Mitgliedschaft im Sicherheitsrat verstößt Russland immer wieder gegen die Grundsätze des UNO-Rechtssystems”, schrieb der EU-Außenbeauftragte auf Twitter.

Moskau hatte in den vergangenen Tagen angekündigt, dass Außenminister Sergej Lawrow im April einer Sicherheitsratssitzung zum Thema “Effektiver Multilateralismus” vorsitzen wolle. Er wolle all seine Rechte ausüben. Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa erklärte, Lawrow werde am 25. April eine Debatte über den Nahen Osten leiten.

Das Weiße Haus hatte zuvor bereits Russlands Rolle und seinen ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat kritisiert: “Ein Land, das schamlos die UN-Charta verletzt und seinen Nachbarn überfällt, hat keinen Platz im UN-Sicherheitsrat”, erklärte kürzlich eine Sprecherin. “Leider” sei Russland ein ständiges Mitglied des Gremiums und es gebe “keinen praktikablen internationalen Rechtsweg”, um dies zu ändern.

Explosionen in Melitopol

Unterdessen sind mehrere Zivilisten am Sonntag durch russischen Beschuss der ostukrainischen Kleinstadt Kostjantyniwka getötet worden: 16 Wohnblöcke, acht Häuser, ein Kindergarten und ein Verwaltungsgebäude wurden beschädigt. Sechs Menschen seien gestorben, acht weitere verletzt worden. Indes gab es in einer russischen Militäreinrichtung der strategisch bedeutenden Stadt Melitopol mehrere Explosionen.

„Trotz Mitgliedschaft im Sicherheitsrat verstößt Russland immer wieder gegen UN-Grundsätze.“

Im August vergangenen Jahres hatte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (r.) in einer Ansprache an das Gremium gewandt.AFP(2)
Im August vergangenen Jahres hatte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (r.) in einer Ansprache an das Gremium gewandt.AFP(2)