Polen verstößt gegen EU-Recht

Politik / 05.06.2023 • 22:43 Uhr
Der EuGH hat Polen bereits einmal zur täglichen Zwangszahlung von einer Million Euro verurteilt.AP
Der EuGH hat Polen bereits einmal zur täglichen Zwangszahlung von einer Million Euro verurteilt.AP

Klage hinsichtlich des Rechts auf Achtung des Privatlebens von Richtern.

Luxemburg Polen hat in einem Streit mit der EU um die Unabhängigkeit und das Privatleben von Richtern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Sitz in Luxemburg eine endgültige Niederlage erlitten. Nach einem am Montag verkündeten Urteil verstoßen Bestimmungen der polnischen Justizreform von 2019 gegen EU-Recht. Das Urteil aus Luxemburg könnte auch Auswirkungen auf ein zuvor schon im Eilverfahren verhängtes Zwangsgeld haben.

Klage von 2021

Hintergrund ist eine Klage der EU-Kommission aus dem Jahr 2021, wonach mehrere polnische Regelungen gegen EU-Recht verstoßen. Die Europäische Kommission ist als Hüterin der EU-Verträge dafür zuständig, zu überwachen, dass die Staaten sich an EU-Recht halten. Sie verklagt immer wieder auch Deutschland vor dem EuGH, um die Einhaltung von EU-Recht zu erzwingen.

Die EU wurde bei Polen schon mehrfach tätig und wirft der nationalkonservativen Regierung in Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben. Hierzu ergingen mehrere Entscheidungen des EuGH: Unter anderem wurde ein Gesetz aus 2017 als rechtswidrig verworfen. Damit wurde das Pensionsantrittsalter von Richtern in Polen generell herabgesetzt und gleichzeitig dem Justizminister die Möglichkeit eingeräumt, dies im Einzelfall wieder zu verlängern. 

Kritik an Polens Regeln

Im aktuellen Streit ging es unter anderem um ein Gesetz zur Disziplinierung von Richtern. Der EuGH machte nun deutlich: Die polnischen Regeln gewährleisteten keinen Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht. Dazu gehöre nämlich, dass die nationalen Gerichte überprüfen könnten, ob sie selbst oder andere Gerichte den im Unionsrecht vorgesehenen Anforderungen genügen.

Weil Warschau sich aber weigerte, die früheren EuGH-Urteile umzusetzen, verhängte der Gerichtshof innerhalb des nun entschiedenen Verfahrens schließlich eine Million Euro Zwangsgeld pro Tag. Die Strafe wurde im Frühjahr halbiert, weil die Regierung inzwischen einige Änderungen am Justizsystem vorgenommen hat.

Weitere Verfahren möglich

Aus Sicht der Europäischen Union reicht das allerdings nicht aus. Weitere Verfahren sind schon abzusehen: Im Februar verklagte die EU-Kommission Polen erneut wegen Verstößen gegen EU-Recht durch den polnischen Verfassungsgerichtshof. Für Warschau sind die Verfahren heikel, denn es geht inzwischen auch um viel Geld: Die EU-Kommission hält mehrere Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbaufonds für Polen zurück, weil sie Zweifel am dortigen Justizsystem hat.