Mehr Geld, mehr Geld
Wie ernst es bei den Finanzausgleichsverhandlungen geworden ist, erkennt man daran, dass Landeshauptmann Markus Wallner dem Finanzministerium diese Woche in den VN unterstellt hat, eine „Mogelpackung“ vorgelegt zu haben. Gemeint war damit das Angebot von Ressortchef Magnus Brunner, den Ländern für einen Zeitraum von fünf Jahren zehn Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. In Wirklichkeit, so Wallners Botschaft, würde es sich um weniger handeln und das würde sowieso nicht ausreichen für Kinderbetreuung, Pflege und Gesundheitsversorgung. Natürlich: Die ganztägige Kinderbetreuung muss flächendeckend ausgebaut werden, immer mehr Menschen müssen gepflegt werden und so weiter und so fort. Die Herausforderungen sind riesig.
„Es wird ein böses Erwachen geben: Letztlich wird es schmerzliche Leistungskürzungen und ebensolche Steuererhöhungen geben müssen. Verantwortungslose Politik sei Dank.“
Da vergisst man Gemeinsamkeiten wie Parteizugehörigkeit und Heimatland. Da werden die Vorarlberger ÖVP-Mitglieder Wallner und Brunner zu Gegnern. Wobei: Wallner steht auf der Seite der übrigen acht Landeshauptleute, da sind auch rote wie Michael Ludwig (Wien) und Hans Peter Doskozil (Burgenland) darunter. Das zeigt, dass die Auseinandersetzung „Länder (mit Gemeinden) gegen Bund“ heißt. Sie wird zunehmend erbarmungslos.
„Finanzausgleich“ ist ein sprödes Thema, das nur Insider interessiert. Leider. Heute steht so viel auf dem Spiel, dass das Ergebnis alle neun Millionen Menschen in Österreich zu spüren bekommen werden.
Fast 50 Milliarden Euro fließen 2023 vom Bund an die Länder und an die Gemeinden. Ein kleinerer Teil in Form von Transfers zum Beispiel für die Gehälter von Pflichtschullehrer:innen, ein größerer Teil unter dem Titel Ertragsanteil, also eines fixen Anteils am gesamten Steueraufkommen. Länder und Gemeinden wollen nun mehr davon. Sie haben gute Gründe. Ebensolche, das zu verweigern, hat aber auch der Bund, also Brunner: Er oder ein allfälliger Nachfolger nach der kommenden Nationalratswahl wird ohnehin schon schauen müssen, wie der wachsende Pensionsaufwand bewältigt werden kann. Wie sich die Nachrüstung des Bundesheeres inklusive Raketenabwehr namens „Sky Shield“ ausgehen könnte. Und so weiter und so fort. Der Fiskalrat drängt darüber hinaus immer ungeduldiger auf einen rascheren Abbau der Schulden (gemessen am BIP).
Um es kurz zu machen: Jahrelanger Reformstillstand rächt sich. Alle Gebietskörperschaften haben Ausgabenprobleme, und es ist viel zu wenig passiert, um sie zu verkleinern. Jetzt stehen Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen an, steht man neuen Herausforderungen schwitzend gegenüber.
Das Schlimme ist: Wenn Brunner künftig einen größeren Teil des Kuchens Ländern und Gemeinden überlässt, dann bleibt weniger übrig für ebenfalls Notwendiges. Es würde auf eine Loch-auf-Loch-zu-Politik hinauslaufen.
Was heißt, „das Schlimme ist“? Das Ganze wird noch dadurch übertroffen, dass schon jetzt, mehr als ein Jahr vor dem regulären Nationalratswahltermin, auch die letzte Reformbereitschaft in einem egoistischen Vorwahlkampf untergeht. Damit wird signalisiert, dass Parteiwohl vor Gemeinwohl geht.
Dem Gemeinwohl wird übel mitgespielt. Es wird ein böses Erwachen geben: Weil unverzichtbare Strukturreformen nie zum schnellen Geld führen werden, wird es letztlich schmerzliche Leistungskürzungen und ebensolche Steuererhöhungen geben müssen. Verantwortungslose Politik sei Dank.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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