Europäische Annäherung

Deutschland will der geplanten Asylreform zustimmen, Italien hat aber noch Vorbehalte.
Brüssel Die Verhandlungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten rund um eine EU-Asyl-Krisenverordnung gestalten sich scheinbar schwieriger, als es am Vormittag ausgesehen hatte. Nachdem Deutschland in der Früh seine Blockade aufgegeben hatte, sah es zunächst nach einer Einigung aus. Aus Diplomatenkreisen war jedoch zu hören, dass Italien nun Vorbehalte gegen den Kompromisstext hat.
Deutschland und Italien im Clinch
Außenminister Antonio Tajani sagte bei einem Besuch in Berlin, Innenminister Matteo Piantedosi habe sich „Zeit erbeten, um die Inhalte dieses Vorschlags näher zu prüfen, auch in rechtlicher Hinsicht“. Piantedosi verließ das Brüsseler Treffen mit seinen EU-Kollegen vorzeitig und reiste zurück nach Rom. Hintergrund ist offenbar der bereits länger schwelende Streit mit Deutschland über die Finanzierung von privaten Seenotrettungs-Organisationen im Mittelmeer. Tajani warf den Nichtregierungsorganisationen vor, den „Menschenhandel“ nach Italien zu fördern. Aktuell dürften weitere Verhandlungen laufen. Indirekt bestätigte das Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Donnerstagnachmittag: Die Krisenverordnung sei „sehr intensiv diskutiert“ worden und werde „nach wie vor offensichtlich diskutiert“.
Eine Mehrheit der EU-Innenministerinnen und -Innenminister wollte noch am Donnerstag dem umstrittenen Krisenmechanismus zustimmen, hieß es noch gegen Mittag. Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser hob ihre Blockade auf. Österreich wird sich nach Angaben von Karner nach derzeitigem Stand enthalten. „Ich kann mir derzeit keine Zustimmung vorstellen“, wiederholte er am Nachmittag. Entscheidend sei, „dass das Gesamtpaket auf den Weg gebracht wird“.
Die Krisen-Verordnung ist Teil des EU-Asyl- und -Migrationspakets. Nachdem die Mitgliedstaaten es bisher nicht geschafft haben, sich auf eine gemeinsame Position rund um eine geplante Krisenverordnung zu einigen, hatte das Parlament die Verhandlungen zu anderen Teilen des Deals vorige Woche auf Eis gelegt. Die Krisenverordnung soll Ausnahmen für die Asylregeln für den Fall festlegen, dass in einem Mitgliedstaat besonders viele Flüchtende ankommen.
Die EU-Innenminister hatten im Juni Pläne für eine weitreichende Reform beschlossen. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen, um illegale Migration zu begrenzen. Menschen aus relativ sicheren Ländern sollen künftig nach einem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Auch engere Kooperationen mit Drittstaaten sind vorgesehen. Die Kommission hat weiters vorgeschlagen, den vom russischen Angriffskrieg aus der Ukraine Vertriebenen länger Schutz in der EU zu gewähren: Die Verordnung soll bis zum 3. März 2025 verlängert werden.
