Abtreibung in Spitälern: Druck auf ÖVP nimmt zu

Politik / 20.10.2023 • 15:08 Uhr
Befürworter protestierten kürzlich in Bregenz.<span class="copyright"> VN/Bregenz</span>
Befürworter protestierten kürzlich in Bregenz. VN/Bregenz

Bürgermeister sprechen sich für Schwangerschaftsabbrüche im Krankenhaus aus.

Darum geht’s:

  • Der einzige Arzt, der Schwangerschaftsabbrüche in Vorarlberg durchführt, geht bald in Ruhestand.
  • Die ÖVP steht bisher Abtreibungen in Krankenhäusern ablehnend gegenüber.
  • In der Region Bodensee gibt es Druck, Abtreibungen in Landesspitälern zu ermöglichen.

Schwarzach In knapp zweieinhalb Monaten wechselt der einzige Arzt, der bisher in Vorarlberg Schwangerschaftsabbrüche vornimmt, in den Ruhestand. Doch obwohl er das schon lange ankündigt und seine Pension bereits verschoben hat, ist noch immer nicht klar, wie es im neuen Jahr weitergeht. Bisher stellt sich die ÖVP gegen Abtreibungen im Krankenhaus – obwohl das in den meisten Bundesländern so gehandhabt wird. Der Druck auf die Volkspartei nimmt aber zu. In der Regio Bodensee kursiert nun ein Schreiben, das sich für Abbrüche in den Landesspitälern stark macht. Auch ÖVP-Bürgermeister unterstützen es – als Privatpersonen, wie sie betonen.

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17 Gemeinden in der Regio

Die Regionalplanungsgemeinschaft Bodensee besteht aus insgesamt 17 Gemeinden: Bregenz, Eichenberg, Hörbranz, Hohenweiler, Lochau, Möggers, Bildstein, Buch, Hard, Lauterach, Schwarzach, Wolfurt, Kennelbach, Langen bei Bregenz, Fußach, Gaißau und Höchst. Den Vorsitz hat die Landeshauptstadt inne. Im VN-Gespräch verweist Bürgermeister Michael Ritsch (SPÖ) auf den einstimmigen Stadtratsbeschluss, in dem die Landesregierung und Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) dazu aufgerufen wurden, eine lückenlose Versorgung sicherzustellen. Die Stadtspitze appellierte auch bereits ans Land, den Weg zu Schwangerschaftsabbrüchen in den Spitälern freizumachen. In der letzten Regio-Sitzung sei nun besprochen worden, ein entsprechendes Schreiben aufzusetzen, das jeder Bürgermeister, jede Bürgermeisterin unterzeichnen könne. Es richtet sich an die Landesrätin und liegt den VN vor.

Das ist das Schreiben der Regio Bodensee.
Das ist das Schreiben der Regio Bodensee.

Darin heißt es unter anderem: „mit großer Aufmerksamkeit verfolge ich die aktuelle Diskussion bezüglich Schwangerschaftsabbrüche in Vorarlberg.“ Und weiter: „Es ist die Aufgabe der öffentlichen Hand, die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Der einzig richtige Ort dafür sind die Vorarlberger Landeskrankenhäuser. Nur dort kann die notwendige Anonymität, der gebotene Schutz und die entsprechende Sicherheit für die Patientinnen und das Personal gewährleistet werden.“

Wenn die Entscheidung stehe und nicht mehr abwendbar ist, sei sie für die medizinische Sicherheit im Spital, sagt die Wolfurter Bürgermeisterin Angelika Moosbrugger. <span class="copyright">ÖVP</span>
Wenn die Entscheidung stehe und nicht mehr abwendbar ist, sei sie für die medizinische Sicherheit im Spital, sagt die Wolfurter Bürgermeisterin Angelika Moosbrugger. ÖVP

Zu den Unterstützern zählen auch so manche ÖVP- beziehungsweise ÖVP-nahe Gemeindechefs, auch wenn Wolfurts Bürgermeisterin Angelika Moosbrugger bekräftigt, dass es sich um ihre private Meinung handle. Es gehe ihr auch nicht um eine Diskussion für oder gegen Abtreibung. „Ich möchte, dass Kinder auf die Welt kommen. Aber wenn die Entscheidung steht und nicht mehr abwendbar ist, bin ich für medizinische Sicherheit.” Diese sei im Spital gegeben. Josef Kirchmann, Bürgermeister von Langen bei Bregenz, äußert sich ähnlich. „Ich unterstütze das Schreiben als Privatmensch, und spreche nicht im Namen der Gemeinde.“ Persönlich sei er zwar der Ansicht, dass jeder Schwangerschaftsabbruch einer zu viel sei. „Doch wenn es so ist, müssen Frauen eine entsprechend geordnete und gesicherte Möglichkeit haben.“ Zudem benötige es mehr Aufklärung.

Wenig verwunderlich ist, dass auch der Harder SPÖ-Bürgermeister Martin Staudinger das Ansinnen befürworten will. Er habe das Schreiben auch an den Gemeindevorstand weitergeleitet, sodass jeder einzeln unterschreiben könne, sollte er oder sie das wünschen, erläutert Staudinger. „Es ist absurd, dass die Fristenregelung, die 1973 unter der SPÖ-Regierung beschlossen wurde, in Vorarlberg noch immer nicht in der Form umgesetzt wurde, dass Frauen diese im Krankenhaus mit entsprechender medizinischer Versorgung durchführen lassen können.“ Auch Stefan Übelhör (Grüne), Gemeindechef von Höchst, hat unterschrieben. “Das hat nichts mit meinem Amt als Bürgermeister zu tun. Aber ich persönlich finde, dass solche Eingriffe in ein Spital gehören, wenn man sie macht. Die Frauen haben das Recht auf Anonymität.”

Das Land erläuterte am Freitag auf VN-Anfrage, dass bisher vier Schreiben eingelangt seien. Das Büro von Landesrätin Rüscher stehe sowohl mit Befürwortern als auch Gegnern in ständigem Austausch, hieß es.

Der Harder Gemeindechef Martin Staudinger, der auch Landtagsabgeordneter ist, ärgert sich darüber, dass die Fristenlösung in Vorarlberg noch immer nicht entsprechend umgesetzt sei. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
Der Harder Gemeindechef Martin Staudinger, der auch Landtagsabgeordneter ist, ärgert sich darüber, dass die Fristenlösung in Vorarlberg noch immer nicht entsprechend umgesetzt sei. VN/Hartinger

Privatpraxis lässt auf sich warten

Eigentlich steht eine Nachfolgeregelung für Schwangerschaftsabbrüche in Vorarlberg schon fest – dazu gibt es auch einen Landtagsbeschluss. Im Personalwohnheim neben dem Bregenzer Krankenhaus soll eine Privatpraxis entstehen. Doch die Umsetzung verzögert sich bis spätestens Ende 2024. Nun braucht es eine Übergangsvariante. Geplant war eigentlich, eine private Ordination in einem Anbau des Bregenzer Spitals zu errichten. Doch dies scheiterte am lauten Widerstand konservativer Kreise. Später schloss Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) die Krankenhäuser als Option aus. Es ist ungewiss, welche Möglichkeit stattdessen in Betracht kommt. Offen bleibt auch, ob eine Versorgungslücke entstehen könnte. Von Landesseite hieß es zuletzt lediglich, dass die Arbeiten auf Hochtouren liefen. Zu gegebener Zeit würden Informationen kommuniziert, dies könne noch einige Wochen dauern.

Gegner der Spitalslösung hielten im September vor dem Bregenzer Krankenhaus eine Mahnwache ab. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Gegner der Spitalslösung hielten im September vor dem Bregenzer Krankenhaus eine Mahnwache ab. VN/Paulitsch