Nächtlicher Antisemitismus

Politik / 22.10.2023 • 22:38 Uhr
Diese Israel-Fahne wurde vom Stadttempel in der Nacht auf Samstag herunter­gerissen. APA
Diese Israel-Fahne wurde vom Stadttempel in der Nacht auf Samstag herunter­gerissen. APA

Israelische Fahne vom Stadttempel heruntergerissen. Verdächtige wurde ausgeforscht.

Wien  Nach dem Herunterreißen einer israelischen Fahne vom Stadttempel in der Wiener Innenstadt hat die Polizei eine Verdächtige ausforschen können. Die 17-Jährige ist laut einer Aussendung geständig, was Sachbeschädigung angeht, bestreitet aber den Vorwurf der Verhetzung. Die beiden anderen Täter will sie erst kurz vor dem Vorfall kennengelernt haben. Sie sollen sie zu der Aktion bewogen haben. Zudem betonte die junge Frau, stark alkoholisiert gewesen zu sein.

Der Vorfall ereignete sich in der Nacht auf Samstag, wurde aber erst in den Abendstunden bekannt, als ein Video von den Ereignissen auf sozialen Medien zu kursieren begann. Zu sehen ist, wie ein junger Mann eine zweite Person auf die Schulter nimmt, die dann die Fahne herunterreißt. Daneben steht in bester Stimmung eine junge Frau und zielt quasi mit ihren Händen in Richtung der Synagoge.

Aufgehängt worden war die Fahne im Gedenken an die Opfer der Terrorattacke der radikalislamischen Hamas gegen Israel, wie der Präsident der Israelitischen Glaubensgesellschaft Oskar Deutsch bekannt gab. Am Nachmittag wurde heute wieder eine Flagge gehisst. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, schrieb er auf „X“ (vormals Twitter).

Kritik an Innenministerium

Laut Polizei wollte ein Zeuge des Vorfalls in der Nacht auf Samstag eine Täterin anhalten. Bei dem Versuch soll er von mehreren unbekannten Personen davon abgehalten und von einem Mann geschlagen worden sein. Dadurch wurde er im Gesicht verletzt. Die Fahne konnte von inzwischen alarmierten Polizisten sichergestellt werden. Nicht nur in sozialen Medien sondern auch seitens der SPÖ, der NEOS und von Teilen des Koalitionspartners kam am Sonntag Kritik auf, warum nicht einmal die Hauptsynagoge Wiens rund um die Uhr bewacht werde. Befeuert wurde die Diskussion durch einen Bericht des „Kurier“, wonach die Wiener Polizei eine entsprechende Weisung der Direktion Staatsschutz Nachrichtendienste zurückgewiesen habe.

Wiens Polizeipräsident Georg Pürstl relativierte diese Darstellung am Sonntagnachmittag. Es habe nur eine einmalige Erfordernis für 24 Stunden aufgrund einer abstrakten Gefährdungslage gegeben. Diese habe man „auf effektivere und auf den Schutz gefährdeter Menschen, insbesondere auf den Schutz unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, ausgelegte Maßnahmen abgeändert“, heißt es in einer Aussendung der Wiener Polizei.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verteidigte am Sonntag das Verhalten der Exekutive, die bisher (zumindest sichtbar) nur zu den Öffnungszeiten der Synagoge präsent war. Der Polizei sei bewusst gewesen, dass die Gefahr für jüdische Einrichtungen derzeit besonders groß sei. Daher habe man Präsenz und verdeckte Präsenz erhöht. Vorrang sei aber zunächst der Schutz von Menschen u.a. vor jüdischen Schulen, Geschäften und Sporteinrichtungen gewesen.

Karner betonte auch, dass er sich mehrfach mit dem Präsidenten der Israelitischen Religionsgemeinschaft Oskar Deutsch ausgetauscht habe, weil hier enge Abstimmung wichtig sei.