Pädagoginnen laufen Sturm: “Wir sind keine Aufbewahrungsstätte!”

Politik / 12.01.2024 • 17:30 Uhr
Eva Hofer (links) und Tamara Hehle sprechen für viele Pädagoginnen im Land. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Eva Hofer (links) und Tamara Hehle sprechen für viele Pädagoginnen im Land. VN/Steurer

Elementarpädagoginnen wehren sich gegen die Arbeitsbedingungen, die das neue Betreuungsgesetz mitbringt. Positionspapier wird dem Land übergeben.

Schwarzach Die Ausbildung: aufgeweicht. Qualität: nicht mehr so wichtig. Arbeitsbedingungen: schlecht. Die Bezahlung: auch. Und jetzt wackeln auch noch die Sommerferien. Vorarlbergs Kindergartenpädagoginnen haben genug. Das neue Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz sei ein großer Rückschritt, ärgern sich zwei Vertreterinnen des Berufsstandes. Sie haben eine Whatsapp-Gruppe ins Leben gerufen, die mittlerweile mehr als 800 Mitglieder umfasst. Mit einem Forderungskatalog wenden sich Eva Hofer und Tamara Jehle im Namen ihrer 800 Mitstreiterinnen und Mitstreiter an die Politik. Am 25. Jänner stellen sie ihre Forderungen vor.

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Es sollte einer der großen Würfe der schwarz-grünen Landesregierung werden. Das Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz sollte mehr Plätze, bessere Bedingungen und ein neues System bringen. Am 1. Jänner 2023 ist es in Kraft getreten. Die Politik feierte es überschwänglich, doch schon im Vorfeld ist hart gerungen worden: Gratis oder nicht, Versorgungsauftrag oder Rechtsanspruch und wer übernimmt die Kosten? In der ganzen Diskussion ist für die Pädagoginnen eines zu kurz gekommen: “Wir wurden nicht gehört. Wir haben keine Vertretung. Den vielfach zitierten breit aufgestellten Prozess hat es nie gegeben”, sagt Hofer. Sie und Jehle kennen den Betrieb von innen.

"Wir wurden nicht gehört. Wir haben keine Vertretung. Den vielfach zitierten breit aufgestellten Prozess hat es nie gegeben", ärgern sich die Pädagoginnen. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
"Wir wurden nicht gehört. Wir haben keine Vertretung. Den vielfach zitierten breit aufgestellten Prozess hat es nie gegeben", ärgern sich die Pädagoginnen. VN/Steurer

Die Oberländerin Tamara Jehle ist schon lange dabei. Die 50-Jährige ist seit mehr als 30 Jahren in den Kindergärten Vorarlbergs tätig. Eva Hofer (30) stammt aus Lustenau und ist 2017 über den zweiten Bildungsweg in der Elementarpädagogik gelandet. Jehle betont: “Unser Job ist es, Kinder zu bilden, nicht nur zu betreuen. Lange Zeit ist es auch immer stärker in Richtung Bildung gegangen. Das neue Gesetz ist eine Kehrtwende. Jetzt geht es wieder mehr um Quantität als um Qualität. Wir sind keine Aufbewahrungsstätte!” Die elementare Bildung leide unter dem neuen Gesetz. Schon allein, weil das Personal fehlt. “Man sollte den Betreuungsschlüssel verbessern”, fordert Hofer. “Stattdessen wird der Personalmangel mit dem neuen Gesetz noch verstärkt.” Mehr Gruppen und mehr Kinder bedeute weniger Zeit für die Einzelnen.

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Das Land versuche, den Mangel zu bekämpfen, indem es die Ausbildung aufweiche. “Man bekommt den Eindruck, es reicht, volljährig und gesund zu sein”, fährt Hofer fort. Zwar gestehen Hofer und Jehle der Politik zu, dass sich in diesem Bereich etwas tut. “Aber zehn Jahre zu spät”, ist Jehle überzeugt.

Elementarpädagoginnen müssten wie Lehrer behandelt werden: Universitäre Ausbildung, Gehalt und Ferien gehören angeglichen, fordern Hofer und Jehle. Und mit ihnen viele andere, die sich aber nicht mehr öffentlich äußern möchten, ergänzt Hehle. “Viele haben einen Rüffel von der Gemeinde bekommen, nachdem sie an die Öffentlichkeit sind.”

Hofer erzählt: "Viele haben einen Rüffel von der Gemeinde bekommen, nachdem sie an die Öffentlichkeit sind."
Hofer erzählt: "Viele haben einen Rüffel von der Gemeinde bekommen, nachdem sie an die Öffentlichkeit sind."

Schon jetzt seien die Arbeitsbedingungen unattraktiv, mit dem neuen Gesetz werde das noch verschärft. Und nun machen auch noch Gerüchte die Runde, wonach das Jahreszeitmodell abgeschafft werden soll. Dieses Modell hat es bisher erlaubt, in den Ferien nicht arbeiten zu müssen. Das könnte sich ändern. “Und damit wäre der Beruf noch unattraktiver”, warnt Jehle.

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Die Pädagoginnen haben als Zusammenschluss mit dem Namen “Zukunft Elementare Bildung” die Landespolitik zu einem Treffen eingeladen. Am 25. Jänner werden sie den Verantwortlichen in Götzis ihre Forderungen präsentieren. Davon gibt es viele: kürzere Höchstbetreuungszeiten (keine 55-Stunden-Woche für ein Kind), mindestens sechs Wochen betreuungsfreie Zeit für Kinder, mehr Zeit für die Vorbereitung, kleinere Gruppen, höheres Gehalt, Anerkennung von Lärm als Erschwernis, weniger Bürokratie, mehr Platz, Ferienbetreuung durch eigenes Personal und einen besseren Betreuungsschlüssel. Zudem soll eine eigene Interessensvertretung her.

> HIER GEHT ES ZUM POSITIONSPAPIER

“Wir sind nicht mehr die Tanten, die mit Kindern spielen”, hält Tamara Jehle fest. “In anderen Ländern gelten wir als Lehrerinnen!” Denn Kinder bräuchten Bildung – nicht nur Betreuung. Das neue Gesetz bringe das Gegenteil.

Jehle: "Wir sind nicht mehr die Tanten, die mit Kindern spielen. In anderen Ländern gelten wir als Lehrerinnen!"
Jehle: "Wir sind nicht mehr die Tanten, die mit Kindern spielen. In anderen Ländern gelten wir als Lehrerinnen!"

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