Zuversicht in der Minderheit

Anteil der Menschen, die mit Verschlechterungen rechnen, bleibt groß.
SCHWARZACH. Gut die Hälfte der Menschen in Österreich geht davon aus, dass die Verhältnisse in einem Jahr unverändert sein werden. Beim verbleibenden Rest überwiegt eher die Befürchtung, dass es zu Verschlechterungen kommen werde. Nur bei einem Bruchteil herrscht Zuversicht. Das ist das Ergebnis einer Eurobarometer-Erhebung mit etwas mehr als 1000 Befragten bundesweit. Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier geht davon aus, dass es Einfluss auf die Wahlen haben werde – zum Nachteil der Regierenden und zum Vorteil der FPÖ. Im Zentrum stünden Abstiegsängste.

Zu den Erwartungshaltungen gibt es unterschiedliche Fragestellungen. Etwa: „Wie wird die allgemeine Lage in Österreich in zwölf Monaten sein?“ Oder: „Wie wird die finanzielle Lage Ihres Haushalts in zwölf Monaten sein?“ Die Ergebnisse sind durchwegs sehr ähnlich. Bei der finanziellen Lage gehen 55 Prozent davon aus, dass sie gleich sein werde. Immerhin 25 Prozent rechnen jedoch mit einer Verschlechterung und nur 15 Prozent mit einer Verbesserung.
Mit Blick auf die bevorstehenden Urnengänge sagt Peter Filzmaier: „Das ist selbstverständlich eine schlechte Nachricht für die jeweilige Amtsinhaberpartei. Also bei der Nationalratswahl – in dieser Reihenfolge – für ÖVP und Grüne, bei der Landtagswahl in Vorarlberg für ÖVP und Grüne ebendort sowie bei der Landtagswahl in der Steiermark für ÖVP und SPÖ.“ Begründung: Regierende würden für die Lage verantwortlich gemacht – ob zu Recht oder zu Unrecht stehe auf einem anderen Blatt, weil zum Teil ja Entwicklungen ausschlaggebend sein könnten, die nicht beeinflussbar seien für sie.

Abgesehen davon sei es für sie unter diesen Umständen schwieriger, mit Zukunftsversprechen durchzukommen. Schlimmer aus ihrer Sicht: „Es gibt eine Sehnsucht nach Populismus, nach scheinbar einfachen Lösungen.“ Davon profitiere die FPÖ: Experten mögen die Augen verdrehen über die Ankündigung ihres Chefs Herbert Kickl, die Sanktionen gegen Russland zu beenden, sodass sich die wirtschaftliche Lage verbessere und die Inflation weg sei. Bei der derzeitigen Stimmung in der Wählerschaft könne derlei verfangen.
Auffallend sind unterschiedliche Erwartungshaltungen nach bestimmten Gruppen. Bei den Jüngeren rechnen deutlich mehr mit einer Verbesserung als mit einer Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse ihres Haushalts. Bei Älteren ist es umgekehrt. „Wenn nicht die Jüngeren optimistisch sind, wer dann?“, meint Filzmaier. Bei Älteren habe er im Rahmen einer Studie einmal die Erfahrung gemacht, dass es ihnen oft nicht um sich selbst gehe: Viele Pensionisten hätten damals angegeben, dass Arbeitslosigkeit ihre größte Sorge sei. Schließlich habe sich herausgestellt, dass sie sich Sorgen um ihre Kinder und Kindeskinder machen.

Groß sind auch die Unterschiede nach sozialer Stellung, in der sich Befragte selbst sehen: In der „Arbeiterklasse“ befürchten 38, in der „unteren Mittelschicht“ 32 Prozent, in einem Jahr finanziell schlechter dazustehen als heute. Nur sieben bzw. 13 Prozent rechnen mit einer Verbesserung: „Das zeigt auch, dass bei sehr großen Wählergruppen Abstiegsängste vorherrschen.“ Ihnen beizukommen sei schwierig. Statistiken oder Verweise auf die Kaufkraft würden wenig bringen. Es sei wie bei einem Patienten, der mit Schmerzen zum Arzt gehe und sich kaum mit dem Hinweis zufriedengeben werde, dass es andere gebe, denen es übler gehe. Er wolle mit seinen Gefühlen ernstgenommen werden.