Zaghaft aufwärts: Experten bewerten das Konjunkturpaket

Politik / 03.09.2025 • 14:24 Uhr

Die Regierung will mit einer Milliarde die Wirtschaft ankurbeln. Ein Experte warnt vor Mitnahmeeffekten.

Wien “Zaghaft”, so nennt Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung, vor allem in Industrie und Bau. Ein Konjunkturpaket über eine Milliarde Euro soll für weiteren Auftrieb sorgen, die VN berichteten. 600 Millionen davon waren bereits im Doppelbudget 2025/26 vorgesehen, der Rest kommt durch Umschichtungen und Förderkürzungen. Laut Karlheinz Kopf, Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg, sei es “kein großer Wurf”, aber angesichts der budgetären Lage realistisch. Die Industrie in Vorarlberg steht wie im Rest Österreichs weiter unter Druck, doch es gebe zarte Erholungstendenzen. “Die Talsohle ist erreicht und wir rechnen alle damit, dass es in absehbarer Zeit wieder leicht aufwärts geht.”

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Investitionsfreibetrag

Eine neue Maßnahme der schwarz-rot-pinken Regierung ist, dass Unternehmen ab 1. November 220 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, um den Investitionsfreibetrag zu erhöhen. Marcus Scheiblecker, Experte für Makroökonomie und öffentliche Finanzen beim Wirtschaftsinstitut Wifo, sieht diese Maßnahme kritisch und erwartet Mitnahmeeffekte: “Wer ohnehin investieren will, wird das Geld abholen. Damit haben wir in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht, vor allem bei konjunktureller Schwäche und bei Unsicherheit.” Scheiblecker präzisiert: “Die Unternehmen sehen noch gar keinen Investitionsbedarf zur Erweiterung, weil die Nachfrage noch nicht da ist.” Für Österreich sei vor allem die Auslandsnachfrage entscheidend. Hier könne man nur abwarten.

Die Zukunftsaussichten hätten sich zwar leicht aufgehellt, blieben aber unsicher. Vor allem in der Industrie warte man angesichts der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump noch ab. Der Wifo-Experte stellt fest: “Die Auswirkungen auf die Investitionen werden nur minimal sein. Da ist es fast schade um das Geld.” Karlheinz Kopf kann der Maßnahme hingegen etwas abgewinnen: “Letzten Endes ist das gesündeste Wachstum immer ein investitionsgetriebenes.” Wichtig sei jedoch auch, dass die Investitionsbereitschaft rascher umgesetzt werden kann. Dazu gehören bürokratische Entlastungen und die Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, betont Kopf.

Zaghaft aufwärts: Experten bewerten das Konjunkturpaket
Wifo-Experte Marcus Scheiblecker betont, dass der Ausbau von grünem Strom und des Stromnetzes entscheidend ist. APA

Stromkostenbeiträge für Unternehmen

Mit je 75 Mio. Euro sollen energieintensive Betriebe heuer und im kommenden Jahr unterstützt werden. Dieser Punkt war bereits in der Budgetplanung enthalten. Das Gesetz soll bis Ende der Woche in Begutachtung gehen. “Generell sollte man sichergehen, dass man billigen, grünen Strom und entsprechende Netze bereitstellt. Das ist das um und auf der kommenden 20 Jahre”, sagt Scheiblecker dazu. Europa habe generell Stromkostennachteile etwa gegenüber den USA und auch Österreich gegenüber dem Ausland. “Hier könnte die Regierung eine Initiative setzen.”

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Bauwirtschaft

Auch die Bauwirtschaft könnte gestärkt werden, sagt Scheiblecker. Sie hat eine hohe heimische Wertschöpfung. Baupakete wirken jedoch nicht schnell: Bis sie projektiert, finanziert sind und wirklich gebaut wird, ist man oftmals wieder im Konjunkturaufschwung und sie drücken die Preise. Daher war man in der Vergangenheit eher reserviert. “Dieses Mal ist es anders. Gemeinden und Länder haben einige öffentliche, bereits projektierte Investitionsprojekte aus Geldmangel zurückgestellt. Das ist nicht gut. Hier sollte der Bund wahrscheinlich den Ländern und Gemeinden etwas unter die Arme greifen bei der Finanzierung.”

Zaghaft aufwärts: Experten bewerten das Konjunkturpaket
WK-Präsident Karlheinz Kopf bewertet das Maßnahmenpaket der Regierung grundsätzlich als positiv. Die finanziellen Spielräume seien angesichts der budgetären Lage gering. VN/Paulitsch

Stocker bat um Geduld

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) bat am zweiten Tag der Regierungsklausur um Geduld bei der Wirkung der beschlossenen Maßnahmen. Zu meinen, dass alles von heute auf morgen geht, sei ein Irrglaube” Es werde gelingen, Österreich wieder nach vorne zu bringen, “aber ich bitte um Verständnis, dass es vielleicht erst morgen oder übermorgen sein wird”.